lunes, 10 de enero de 2011

Aus Lima

DEN TEUERSTEN DRINK meines Lebens, den wahrscheinlich teuerste Pisco Sour der Welt, habe ich gestern getrunken. Es war ein Ereignis, das mir mein Leben lang in Erinnerung bleiben wird! Hoffentlich: Sonst hätte sich der Spaß nicht gelohnt! Aber ich fange besser vorne an. Bei meiner Fahrt von Piura in die peruanische Hauptstadt.

Mein Bus verließ Piura - irgendwie scheint der Wurm drin zu sein! - mit rund einer Stunde Verspätung. Vor mir lag eine rund fünfzehnstündige Busfahrt. Ich verfolgte weiterhin ehrgeizig das Ziel, meine Fahrtkosten von Quito nach Lima so niedrig zu halten wie möglich: Eine direkte Verbindung von Hauptstadt zu Hauptstadt hätte mich zwischen sechzig und achtzig Dollar gekostet, bei einer Fahrtzeit von mehr als dreißig Stunden. Das ist viel Geld in Anbetracht der Tatsache, dass man sonst gut mit einem Dollar pro Stunde Fahrt rechnen kann. Bis Piura hatte ich fünfundzwanzig Dollar ausgegeben, und für weitere zwanzig erreichte ich Lima: Finanziell und auch wegen der Eindrücke, die ich in Cuenca und Piura bekommen hatte, hat sich die etwas langwierige und unbequemere Reise also durchaus gelohnt!

In Lima stieg ich ziemlich rerädert aus dem Bus: Bequem ist anders. Gleich stieg ich in ein Taxi ein, um mich ins Finanz- und Tourismuszentrum der Stadt, Miraflores, fahren zu lassen. Moderne Bankenhochhäuser rauschten an mir vorbei, als mein Taxifahrer über die innerstädtische Autobahn chauffierte. Miraflores wirkte recht steril, modern, langweilig. Ich entschloss mich also dazu, ins benachbarte Barranco-Viertel zu laufen, schlenderte zunächst zur Promenade, die durch Grün- und eher noble Wohnanlagen an der Steilküste entlangführt und lief den Sonnenschein und die Sicht auf den Pazifik genießend südwärts. Der Weg schien länger und länger, der Rucksack schwerer und schwerer zu werden, doch schließlich kam ich in Barranco an. Das Viertel weist eine hohe Anzahl von Kolonialbauten auf und wirk sehr ruhig und angenhem, dabei aber durchaus belebt und interessant. Als ein angetrunkener Herr mich ansprach und mir ein Hostal zeigen, mich aber nicht alleine weiterziehen lassen wollte, wurde mir die Situation etwas unangenehm - und ganz überraschend standen wir plötzlich vor dem wahrscheinlich günstigsten Hostal der Stadt. Ich trat ein, ließ meine unerwünschte Begleitung hinter mir und machte eine Bleibe für die kommende Nacht klar.

Im Anschluss spazierte ich durch das Viertel, bestaunte die großen Mengen von Touristen und für den Tourismus bestimmten Restaurants und Bars und zog alsbald ins historische Zentrum Limas weiter, per Taxi. Zurück über die Autobahn, vorbei an den gläsernen Gebäuden beiderseits der autopista.

Etwas ziellos und dementsprechend gelassen und offen wanderte ich durch die Stadt. Vorbei an Parks und Kirchen. Entlang an kolonialen Fassaden und vielbefahrenen Straßen. Durch kleine Gassen und Taubenschwärme. Ich aß lecker sopa seca (Trockene Suppe) für wenig Geld und kam später mit einem betrunkenen Musiker ins Gespräch. Wurde vielmehr ins Gespräch gezogen. Als ich mich gerade losgerissen hatte, um meine Wanderung fortzusetzen, kam der (angebliche) Gitarrenschüler des maestros und riet mir von der von mir vorgesehen Route ab: Sie sei zu gefährlich. Ich beschloss also eine Richtungsänderung und wurde von dem jungen, ebenfalls angetrunkenen Mann, Abraham, begleitet.

Generell bin ich immer dankbar für Gespräche mit locals und genieße es, auf Reisen nicht nur mit anderen Backpackerinnen und Backpackern zu plaudern. Aber es gibt Angenehmeres als zwielichtige und angetrunkene Latinos! Abraham war jedoch nicht von der schlimmsten Sorte, und ich hörte mir seine Geschichten an - eine andere Wahl hatte ich eh nicht: Ich kam nicht zu Wort!

Am Ende landeten wir einem Coffeshop nahe dem Präsidentenpalast. Dort gäbe es nicht nur den besten Pisco Sour Perus (und also der Welt), man könne dort ab und zu auch den Präsidenten beim Koksen antreffen. Letzteres interessierte mich nicht - der Pisco Sour reizte mich hingegen mehr. Ob ich Abraham einen Drink ausgebem könnte? Könnte ich, nach all seinen Bemühungen, die vermutlich auf nichts Anderes abgezielt hatten! Die Uhr im Blick - ich hatte vor, Annika vom Flughafen abzuholen und daher nicht mehr viel Zeit - wurde ich etwas böse überrascht, als sich unsere Pisco Sours nicht als kleine Cocktails, sondern als Humpen von einem Liter Fassungsvermögen mit einem zusätzlichen Glas puren Piscos herausstellte! Wie würde ich so viel in so wenig Zeit trinken können? Gar nicht - ein Ding der Unmöglichkeit!

Der Pisco war lecker, die Situation ziemlich komisch. Inzwischen hatte sich ein Freund von Abraham zu uns gesellt. Ebenfalls schon ziemlich besoffen. War ja schon fast vier Uhr am Nachmittag! Ich hastete bis zur Hälfte meines Getränks, ließ den Rest in eine Plastikflasche füllen und den puren Schnaps von Abrahams Freund trinken und bat um die Rechnung. Und dann die Bescherung, die einfach zu unglaublich war, um jemals vergessen zu werden. Ich war von zehn bis zwanzig Soles pro Drink ausgegangen, bis ich das Ausmaß unserer Piscos sah. Dass mir niemand deren Preis verraten wollte, machte mich zusätlich misstrauisch. Aber dass sich die Kosten für zwei Pisco Sours, zwei Piscos und den servicio in dieser zweifelhaften (aber interessanten und schönen!) Bar, die von wenigen und dafür umso betrunkeneren (oder so) Gestalten besucht war, auf insgesamt hundertsiebzig Soles, also rund sechzig (!) Dollar beliefen, überraschte und entsetzte mich dann doch!

Es wurde also kritisch. Ich hatte hundert Soles einstecken. Außerdem trug ich zum Glück fünfunddreißig Dollar bei mir. Mir war bewusste, dass ich weder verhandeln wollte in diesem Ambiente noch die Möglichkeit haben würde, Geld abzuheben: Die Karte war sicher im Hostal. Was tun? Ich würde noch zum Flughanfen fahren müssen! Meine Soles und dreißig Dollar ließ ich in der Bar, hatte also noch fünf Dollar in der Tasche. Bei mindestens (!) fünfzehn Soles (etwas mehr als fünf Dollar) fürs Taxi war ich knapp bei Kasse. Ich eilte aus dem Coffeeshop, hielt Taxis an und fragte nach deren Preisen. Dreißig Soles. Fünfundzwanzig Soles. Ich wurde nervös. Dann, schließlich: Fünfzehn, aber nicht in den Flughafen: Ich würde draußen an der Straße abgesetzt werden. Für fünf Dollar und die zwei Soles, die Abramahm mir in seiner Güte gab.

Am Flughafen hatte ich dann doch noch eine Weile zum Erholen: Annikas Flug war etwas verspätet. Und ich war besorgt: Was, wenn sie aus irgendeinem Grund wieder nicht reisen konnte? Ich hatte kein Geld mehr bei mir, war also darauf angewiesen, dass Annika unser Taxi zahlen würde...

Diese Gedanken waren umsonst: Annika kam, hatte Geld dabei und wir beide freuten uns sehr über das Wiedersehen! Am Abend gab es noch leckeres Kochen in der Hostalküche, nette Gespräche mit anderen Reisenden und Lindt-Schokolade aus Deutschland, als nachträgliches Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk!

Gleich werden wir noch eine Runde durch Lima drehen und dann unsere Bustickets nach Cusco kaufen. Um fünf Uhr nachmittags geht es heute los, morgen Nachmittag kommen wir an. Und: Es wird Luxus pur! Asientos camas, Bett-Sitze, Stewardessen, all inclusive. Für teure hundertzwanzig Soles. Aber was würde mich eine zwanzigstündige Zugfahrt in der ersten Klasse mit der Deutschen Bahn kosten?!

Morgen also: Cusco, und bald: Machu Picchu!
Ich schreibe weiter, und genieße das Reisen!
Seid gegrüßt!

2 comentarios:

  1. Lieber Simon,
    wie schön, zu lesen, dass es Dir gutgeht.
    Soll ich Dir vom Wetter in Bremthal berichten? Nein, lieber nicht! Aber ich kann Dir verraten, dass ich mich schon ganz gewaltig auf den Sommer freue!
    Gute Reise!
    Mama

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  2. Mannmann, ich komme mit dem Lesen kaum noch nach! Klingt auf jeden Fall alles sehr beneidenswert - lange Busfahrten, betrunkene Wegbegleiter, viele Eindrücke. Das vermisse ich doch sehr und wünsch dir jetzt viel Spaß mit Aki.
    Safari njema!
    Hannes

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