lunes, 31 de enero de 2011

Für Henry

SEIT GESTERN FRÜH sind Annika und ich in Cochabamba, meiner letzten Zwischenstation vor dem Rückflug nach Ecuador. Wir hatten Potosí am Freitagnachmittag verlassen, die konstitutionelle Hauptstadt des Landes, Sucre, am Freitagabend erreicht und dort vierundzwanzig Stunden später den Weg nach Cochabamba angetreten.

In Potosí stand der Besuch der berühmt-berüchtigten Minen auf dem Programm. Der Cerro Rico, der über der höchstgelegenen Stadt der Welt thront, verschaffte der Stadt einst Weltruhm: Die Silbervorkommen, die er beherbergte, waren einmalig in der Welt und sorgten dafür, dass Potosí im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert eine der wichtigesten und größten Städte der Welt wurde. Unschätzbare Mengen an Silber wurden in die alte Welt verschifft, und unzählbare Menschen verloren durch die unmenschliche Arbeit in den Minen ihre Leben; Schätzungen schwanken zwischen zwei und acht Millionen Todesopfern.

Und auch heute noch bietet der Cerro Rico (Reicher Berg) nicht nur die einzige nennenswerte Einkommensquelle Potosís, sondern birgt nach wie vor Lebensgefahren: In der vergangenen Woche sind wieder zwei Arbeiter ums Leben gekommen, abgesehen von denen, die nach Jahrzehnten des Schuftens zwischen dem vierzigsten und fünfzigsten Lebensjahr den Tod finden, weil ihre Lungen aufgrund des schädlichen Staubs zerstört sind.

Schon vor der Führung zu den Minen hatte ich ein seltsames Gefühl in der Magengegend: Wir würden uns den Ort und die Ursache des Todes von Millionen ausgebeuteter Menschen ansehen, und wir würden mit unserem Führer an hart arbeitenden Männern und Jungen vorbeilaufen, ohne helfen zu können. Und tatsächlich war die ganze Erfahrung, der Anblick der Minen und der Arbeiter sehr verstörend.

Zunächst wurde uns etwas über Dynamit, Alkohol und Coca und erzählt, drei Elemente, die den Alltag in den Minen ausmachen: Mit dem Dynamit arbeiten sich die Arbeiter im Fels voran auf der Suche nach dem Reichtum. Der Alkohol wird teilweise dem tío, dem Onkel, der eine Art Schutzpatron der Arbeiter ist, gespendet oder der Pacha Mama, der Mutter Erde. Oder er wird getrunken. Dass es sich bei dem Alkohol nicht um Bier oder Wein handelt, sondern um sechsundneunzigprozentigen Schnaps, muss ich vielleicht gar nicht extra erwähnen. Außerdem ist Coca ein unverzichtbarer Bestandteil der Arbeit in den Minen: Das Kauen auf Cocablättern lässt Hunger, Durst und Müdigkeit vergessen, Dinge, für die in der Mine keine Zeit ist. Sämtlichen mineros ist ihr Cocakonsum deutlich anzusehen an der oftmals bewundernswert großen Wange, in der sie die Cocablätter ablegen.

(Coca ist keine Droge! Das Blatt berauscht nicht und macht nicht abhängig. Der Anbau von Coca ist in Bolivien und Peru legal, gehört zur Kultur der Hochlandbevölkerung. Die aufwändige Weiterverarbeitung des Blattes ermöglicht die Gewinnung von Kokain, dessen Wirkung jedoch nichts mit der des einfachen Cocablattes zu tun hat...)

In der Mine folgten wir zunächst den Gleisen der Loren: Jungen im Alter von dreizehn, vierzehn Jahren schoben die mit Steinen beladenen Wagen unter Einsatz ihrer ganzen Kraft durch die Stollen, eine Wange von Coca aufgebläht, jenseits der Leistungsgrenze, völlig gezeichnet von der Arbeit. Kaum einer von ihnen konnte einen Gruß über die Lippen bringen, so sehr waren sie von der Arbeit gemartert. Wir bogen irgendwann von diesem Hauptweg ab, krochen einige Meter in die Tiefe und mussten sehr mit der Hitze, dem beißendem Geruch von Urin, Sprengstoff und Staub und der Enge kämpfen: Hier arbeiten? Unmöglich!

Als wir die Mine verließen, machten einige der Kumpels Mittagspause. Zu essen gab es nichts, stattdessen schoben sie sich stillschweigend ein Cocablatt nach dem anderen zwischen Wange und Backenzähne. Es war frustrierend und beängstigend, wie sich teilweise Väter und Söhne anschwiegen, erledigt von der Arbeit. Viele der Arbeiten sind tatsächlich nicht älter als fünfzehn Jahre - und ihr Beruf ist ein Glücksspiel: Wer auf eine Silberader stößt, hat gewonnen. Andere arbeiten mehr als acht Stunden am Tag und finden nichts Gewinnbringendes! Feste Löhne gibt es in Potosí nicht; jeder Kumpel gehört zu einem Zusammenschluss von Bergmännern und darf sich in der Konzession dieser Union einen Ort zum Arbeiten suchen. Geförderte Mineralien und Silber verkauft jeder Bergmann selbst: Ein Teil des Gewinnes zahlt er in die Rentenkasse ein, einen Teil in die Versicherung. Wer nichts findet, geht einfach leer aus.

Traurig nach den düsteren Eindrücken in der Mine verließen wir Potosí, dessen Zukunft düster aussieht: Schätzungen zufolge wird der Bergbau dort in fünz bis zehn Jahren eingestellt werden müssen. Einerseits, weil sich die Bodenschätze erschöpfen, andererseits, weil der Cerro Rico, durchlöchert wie er ist, einstürzen wird. Potosí könnte dann eine Geisterstadt werden: Arbeit findet man dort kaum außerhalb der Minen... Mit dem Ende des Bergbaus in Potosí wird dann auch eine Investition der deutschen Regierung überflüssig: Nachdem die Chemikalien, die man zur Trennung des Silbers aus dem Gestein benötigt, fünfhundert Jahre lang in die Flüsse gekippt hatte, finanzierte die Bundesrepublik Deutschland den Bau adäquater Kläranlagen und Entsorgungssysteme. Ob und wie Spanien Entwicklungszusammenarbeit mit der Region Potosí betreibt, weiß ich nicht...

In Sucre machten Annika und ich nicht viel, abgesehen vom Schokoladenkauf, der sich dort wirklich lohnt, da es scheinbar einige Chocolatiers gibt in Sucre, und vom Besuch eines Barbiers, der bei mir dringend nötig war.

In Cochabamba haben wir nun ein paar Tage Zeit. Ich werde viele Eindrücke sammeln, bevor ich am Freitag nach Ecuador abfliege! Und möchte mich schonmal an dieser Stelle bedanken bei Henry, der gerade in Ecuador ist und in dessen Zimmer ich während der Tage in Cochabamba wohnen darf! Muchas gracias, Enrique!

jueves, 27 de enero de 2011

Aus Potosí

SEITDEM FRAU ROMMEL, meine Spanischlehrerin in der zehnten Klasse, im Unterricht Bilder von ihrer Reise nach und durch Südamerika gezeigt hat, hat sich die Idee, eine ähnliche Reise zu unternehmen, in meinem Kopf festgesetzt: Die Bilder hatten mich derartig begeistert, dass gar kein Weg daran vorbeiführen konnte, diese Orte selbst zu bereisen und mit eigenen Augen zu sehen!

Wir fuhren also von La Paz nach Uyuni. Die Fahrt sollte um sieben Uhr am Abend beginnen und nach rund zwölf Stunden enden. Wir würden also in Ruhe das Büro unserer Agentur finden können, um die Tour zum Salar de Uyuni um zehn Uhr vormittags beginnen zu können. Doch wieder einmal sollten sich die Pläne als eine nette Wunschvorstellung herausstellen: Kurz hinter Oruro blieb unser Bus in der Wüste stehen. Aus der angekündigten halben Stunde, die es dauern würde, bis es weitergehen könnte, wurden fünf Stunden, und in Uyuni angekommen, war unser Jeep bereits abgefahren.

Am Folgetag konnten wir dann eine andere Tour antreten, ohne extra dafür bezahlen zu müssen (vom Hotel und dem Abendessen abgesehen). Immerhin hatten wir bis dahin Zeit gehabt, ein wenig durch Uyuni zu spazieren: Das Städchen lebt hauptsächlich vom Tourismus, was man an den unzähligen Tourunternehmen und den Pizzerien unschwer erkennen kann. Abseits der Hautpstraße ändert sich das Bild des Ortes jedoch sehr rasch. Lehmhütten reihen sich an den staubigen Straßen, im Hintergrund sind Wüste und Berge zu sehen, alles erinnert irgendwie an Westernfilme.

Nun zur Tour: Wir fuhren mit Chacha und Ki, einem südkoreanischen Pärchen, Ángel Miguel aus Kolumbien, Caro aus Chile und unserem Fahrer, Alejandro, zunächst zum cementerio de trenes, dem Zugfriedhof: Hier rosten einige Dampfloks und Waggons in der Wüste vor sich hin. Anschließend fuhren wir nach Colchani am Ufer des größten Salzsees der Welt: Hier gab es vordergründig günstige Souvenirs. Hinter einer der Holztüren packte eine Frau Salz in Plastiktüten ab, was ich aber eher zufällig entdeckte. Die Dame sitzt acht Stunden am Tag vor einem Haufen Salz und befüllt Plastiktüten Pfundweise mit dem weißen Gut. Für tausend Tüten bekommt sie zwanzig Bolivianos - das sind etwas mehr als zwei Euro. Pro Tag schafft sie nach eigenen Angaben rund sechshundert Tüten und verdient also rund einen Euro sechzig, oder zwei Dollar. Dass sie damit über der offiziellen Armutsgrenze lebt, ist einfach nur zynisch.

Von Colchani aus fuhren wir aufs Salz. Der Boden war weiß, soweit das Auge reichte und man verlor legliche Orientierung und die Fähigkeit, Entfernungen einzuschätzen. Es war ein unglaubliches Gefühl, durch diese Wüste aus Salz zu fahren! Und es sollte noch besser werden: In der Mitte des salar liegt die Isla del Pescado, die Fischinsel. Dort gedeihen riesige Kakteen, zwischen denen man immer wieder spektakuläre Aussichten auf den Salzsee erhaschen konnte, mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund und dem blauen Himmel.

Am Abend erreichten wir das Südliche Ufer des Salzsees und übernachteten in einem Hotel, das größtenteils aus Salz besteht: Boden, Wände und sogar Möbel wurden sozusagen aus dem See geschnitten.

Am nächsten Morgen brachen wir gen Süden auf. Wir bewegten uns immer auf einer Höhe von etwas mehr als viertausend Metern über Normal Null, sodass fast alle Berge, die wir passierten, schneebedeckt waren. Und wieder war die Natur schlichtweg Atemberaubend: Die verschneiten Gipfel, ewige Weiten,Wüsten, Felsformationen... Gleichzeitig musste ich denken, dass es bei dieser Umgebung, diesem schroffen Klima kein Wunder ist, dass Bolivien das ärmste Land Südamerikas ist: Es kann nichts angebaut werden, und reicher als andere südamerikanische Länder ist Bolivien an Bodenschätzen auch nicht: Salz ist nichts mehr wert, und im Vergleich zu Venezuela, Ecuador und anderen Nationen bietet Bolivien kein Erdöl...

An diesem zweiten Tag passierten wir neben einigen Fünftausendern auch ein paar Lagunen, in denen sich zahlreiche Flamingos tummelten und zu denen Lamas und Vicuñas drängten, um ihren Durst zu stillen. Am Ende des Tages passierten wir noch den árbol de piedra, den Baum aus Stein, einen bizarren Felsen mitten in der Wüste Südboliviens, bevor wir an der farbigen Lagune, der Laguna Colorada, ankamen, wo wir unser Nachtlager hatten.

Von dort aus brachen wir am dritten und letzten Tag unserer Tour auf, um im Morgengrauen Geysire zu sehen, in warmen Quellen zu baden und die beiden Koreaner ab der chilenischen Grenze abzusetzen. Und dann ging es acht Stunden nordwärts durch die Wüste. Ich konnte mich nicht sattsehen an der Einöde und den Bergen, war dennoch erleichtert, als wir in Uyuni ankamen. Von dort ging es nach Potosí.

Heute haben wir Zeit, die Stadt ein wenig zu erkunden, und morgen werden wir eine Tour in die Minen wagen. Über diese werde ich bei Gelegenheit berichten. Aus Sucre vielleicht, wo wir morgen hinfahren, oder aus Cochabambam wo wir spätestens am Montag eintreffen werden, um unsere Reise in Ruhe ausklingen zu lassen. Bis dahin!

viernes, 21 de enero de 2011

Aus La Paz

VON COPACABANA AUS brachen Annika und ich gemeinsam mit Francisco und Julián aus Argentinien zur Sonneninsel auf. Wir hatten uns reichlich mit Nahrungsmitteln eingedeckt, um an den folgenden Abenden kochen zu können: Es gibt weder in Copacabana noch auf der Insel einen Geldautomaten, sodass wir auf ein kleines Sparprogramm angewiesen waren!

Glücklicherweise mussten wir deshalb nicht auf die besten Seiten der Insel verzichten: Unser Hostal lag auf einem Bergkamm, der sich vom Süden bis zum Norden der Insel zieht und von dem aus wir den See beiderseits der Sonneninsel sehen konnten. Und die Aussichten waren spektakulär: Im Osten konnten wir in weiter Ferne die schneebedeckten Gipfel der bolivianischen Anden sehen, über denen morgens die Sonne und abends der Mond aufging. Im Westen war die Landschaft weniger spektakulär, dafür bot sich uns zumindest am ersten der beiden Abende, die wir auf der Insel verbrachten, ein toller Sonnenuntergang. Frauen in traditioneller Bekleidung sowie Lamas und Esel rundeten das Bild ab.

Doch ganz unberührt von westlichen Einflüssen und zweifelhaften Entwicklungen konnte sich auch die Isla del Sol nicht zeigen: Der Tourismus boomt und hinterlässt seine Spuren: Es scheint, als werde der größte Teil der auf der Insel befindlichen Gebäude als Hotel oder Hostal genutzt, Internetcafés und kleine Stände mit Wollwaren sind leicht zu finden, und für alles und jedes wird eine propina verlangt, ein Trinkgeld: Für Fotos (auch von Schafen und Lamas), für Auskünfte, für das Passieren eines Weges...

Unser Spaziergang von unserem Hostal im Süden der Insel in den Norden des Eilandes und zurück führte uns zunächst zu den Ruinen, die sich beinahe an der nördlichesten Spitze der Insel befinden. Sie waren, zumal nach Machu Picchu, nicht sonderlich beeindruckend. Im Gegensatz zu dem Strand im Nordosten der Insel, den wir etwas später passierten: Hier reihten sich unzählige Zelte aneinander, Grills hüllten den See in Rauch und Gitarrenspieler und Jongleure unterhielten die Anwesenden. Wie froh ich war, im Süden der Insel untergekommen zu sein, wohin sich (vielleicht aufgrund des steilen Anstiegs?) nur wenige Touristen verirrt hatten!

Am Tag nach unser Inselwanderung fuhren wir nach Copacabana zurück. Die anderthalb Stunden im Boot vergingen wie im Flug, und so sahen Annika und ich uns bald mit einem kleinen aber absehbaren Problem konfrontiert: Wir mussten unsere Busfahrt nach La Paz kaufen, hatten aber kein Geld mehr! Ohne Kreditkarte konnte ich in Copacabana, wo es keinen Geldautomaten gibt, kein Geld abheben, und aus unerfindlichen Gründen wurde Annikas Kreditkarte nicht akzeptiert. Alle Versuche, mit den Busunternehmen zu verhandeln, schlugen Fehl, sämtliche Angebote unsererseits wurden ausgeschlagen. Was nun? Wie weiter? Francisco und Julián, auf dem Sprung zurück nach Peru, liehen uns in letzter Sekunde die nötigen zehn Dollar und ermöglichten uns so die Weiterreise und somit ein Leben außerhalb Copacabanas.

Die Busfahrt nach La Paz dauerte etwa drei Stunden, von denen gefühlte zwei Stunden im Stau in El Alto, einer Stadt, die mit La Paz zusammengewachsen ist, verbracht wurden. Abgesehen von den respekteinflößenden Wolkenformationen und den verschneiten Sechstausendern war der Blick aus dem Busfenster eher trostlos: Es war deutlich sichtbar, dass in Bolivien andere, weniger finanzielle Möglichkeiten existieren als in Peru oder Ecuador. Halbfertige Lehm- und Backsteinhäuser allenthalben und ärmlichst (aber traditionell) gekleidete Menschen beiderseits der Straße.

La Paz erschrak mich zunächst: Den ersten Blick auf die bolivianische Metropole konnte ich vom Rand des Tals, in dem die Stadt liegt, erhaschen. Nackte Backsteinhäuser drängten sich zwischen den Abhängen und Autos und Schmitz prägten das Bild der Straßen. Außerdem war/ist das Hostal, in das es Annika, mich und Dani, einen Rucksackreisenden aus Barcelona, verschlug, alles andere als empfehlenswert: Weil es jedoch bereits dunkel wurde und wir nicht sonderlich erpicht darauf waren, mit all unserem Gepäck einen Nachtspaziergang durch La Paz zu unternehmen, folgten wir Danis Empfehlung.

The Point liegt, vom sogenannten Hexenmarkt, der Touristeneinkaufsmeile aus betrachtet, jenseits der Hauptverkehrsader von La Paz. Hier finden sich Backpacker aus aller Welt ein - und bilden ein seltsames Konglomerat aus Alkohol, Exzess, Lärm, fader Musik und interessanten Sitten. Hätten wir drei im Voraus erahnt, was auf uns zukommen würden, hätten wir uns sicherlich eine andere Bleibe gesucht! Wenn ich nach La Paz komme, habe ich eigentlich nicht das Bedürfnis, mich von der Stadt abzukapseln, um in meinem ziemlich westlichen Partykäfig zu verkommen... Allein, beim Check-In gaben wir unsere Kleidung zum Waschen ab, was einen Tapenwechsel nach der ersten Nacht schlechterdings unmöglich machte!

Aber niemand wird gezwungen, den ganzen Tag im Hostal zu verbringen. Einen Spaziergang durch die Gassen der Altstadt, an unzähligen kleinen Marktständen vorbei, zum Schwarzmarkt, dessen Namen sich mir nicht erschließt, durch die von Touristen überfluteten Sträßchen und ein paar cuadras südwärts ließ ich mir nicht nehmen. Zu dritt war das jedoch teilweise ein anstrengendes Unterfangen, das hauptsächlich aus Warten bestand. Daher werde ich mir gleich nochmal Zeit nehmen, um alleine und ziellos durch La Paz zu schlendern!

Später werden Annika und ich uns von Dani trennen und den Weg nach Süden antreten: Dort werden wir von morgen an eine dreitägige Tour zum Salar de Uyuni unternehmen, bevor es wieder gen Norden geht, nach Potosí, Sucre und Cochabamba.

lunes, 17 de enero de 2011

Aus Copacabana

NACH MACHU PICCHU hätte die Luft raus sein können: Wir sind innerhalb weniger Tage sicherlich mehr als fünfzig Kilometer gewandert und haben eines der, wenn nicht sogar das Highlight unserer Reise bereits erlebt - die sagenhaften Inkaruinen bei Cusco.

Doch es geht weiter - und Langeweile macht sich nicht breit!
Am Samstagabend erreichten wir Cusco erneut, nach einer im Vergleich zur Hinfahrt sehr gemütlichen Rückreise von Santa Teresa. Den Sonntag wollten wir eigentlich im Bus nach Copacabana verbringen, was jedoch aufgrund der Abfahrtszeiten der Busse nach Bolivien unmöglich war: Wir sollten den ganzen Tag zum Warten haben! Auf lange Wanderungen hatten wir keine große Lust mehr und verbrachten den Tag vor allem auf der Plaza de Armas Cuscos und beobachteten Touristen und Einheimische beim Spazieren, Diskutieren, Fotografieren, Entspannen.

Am Abend ging es also los mit der Weiterreise. Zunächst verpassten wir beinahe den Bus, auf den wir mehr als zwei Stunden lang gewartet hatten: Uns war nicht klar gewesen, dass man für die Abfahrt ein Extra-Ticket kaufen musste für die Benutzung des Busbahnhofs. Die Schlange, in die wir uns unverhofft einreihen mussten, war derart lang, dass wir es beinahe nicht mehr zum Bus schafften. Schließlich konnten wir dennoch unsere Plätze einnehmen, und eine erneut unangenehme Fahrt begann: Über schlechte Straßen, durch tiefe Schlaglöcher und nicht selten etwas zu schnell. Am Morgen erreichten wir Puno, das auf peruanischer Seite am Titicacasee gelegen ist. Von dort fuhren wir in einem Ersatzbus zur bolivianischen Grenze - man hatte einige Passagiere, unter anderem uns, nicht darüber informiert, dass die bezahlten Fahrkarten in Puno umgetauscht werden müssten, war dann aber so gnädig, für uns Unwissende einen anderen Bus bereitzustellen, ohne zusätzliche Kosten. Und siehe da: Er wurde komplett gefüllt! Man könnte sich mal Gedanken über eine bessere Informationspolitik machen...

An der Grenze stiegen wir erneut um, fuhren am See entlang wenige Kilometer bis nach Copacabana. Dort suchten wir uns, gemeinsam mit zwei argentinischen Rucksackreisenden, ein günstiges Hostal, aßen lecker und sehr günstig Forelle am Ufer des höchstgelegenen schiffbaren Gewässers dieser Größe und schlenderten ein wenig durch das von Touristen überlaufene Örtchen. Dann ging es auf den calvario, einen Hügel neben dem Ort, von dem aus man einen tollen Blick auf Copacabana und den See hat.

Morgen werden wir auf die Isla del Sol fahren und dort ein wenig entspannen von den Strapazen der letzten Tage. Im Anschluss werden wir nach La Paz weiterreisen und von dort unter anderem nach Uyuni (zum salar), Potosí und Cochabamba fahren. Genaueres werde ich hier berichten. Und sobald ich die Zeit habe, also vermutlich nach der Reise, werde ich etwas über meine Eindrücke von den Menschen und Kulturen schreiben: Das kommt bisher viel zu kurz, finde ich...

viernes, 14 de enero de 2011

Aus Aguas Calientes

DER REISSENDE STROM, der Río Urubamba, der sich an Aguas Calientes, unterhalb von Machu Picchu, durch das Tal frisst, hat uns die ganze Zeit begleitet. Doch bis wir zu der Sandpiste kamen, die mal diesseits, mal jenseits des Flusses liegt, mussten wir schon eine abenteuerliche Strecke zurücklegen.

Annika und ich verließen Cusco am Mittwochabend mit einem der Busse Richtung Quillabamba. Nach viel zu vielen viel zu schnell überfahrenen Schwellen, die eigentlich dazu dienen sollen, Bus-, Laster- und Autofahrer zu gemäßigten Geschwindigkeiten zu ermahnen, erreichten wir zunächst Urubamba. Dort füllte sich der Bus, sodass wir von Menschen umgeben waren, die vor Allem Quechua sprachen und damit auch für mich unverständlich waren. Anstrengend war die Fahrt jedoch nicht nur wegen der unangebracht hohen Geschwindigkeit und der schadhaften Straße, sonder auch aufgrund der Musik.

In Ecuador wird die Musik im Bus vom Fahrer vorgegeben. Das war im Bus ab Cusco nicht der Fall, stattdessen brachten die Passagiere ihre eigenen Radios mit. Die Quechua-Dame an meiner Seite kam mit ihrem Apparat nicht so ganz zurecht und gönnte sich und uns und allen lautes Rauschen aus ihrem Radio. Danke dafür!

Irgendwann fand ich dennoch Schlaf, aus dem ich jedoch unsanft gerissen wurde, als alle (!) Passagiere laut aufschrien: Der Bus war plötzlich beunruhigend schnell geworden. Der Fahrer solle sich ausruhen oder ausgewechselt werden, hieß es. Mein Vertrauen in unseren Chauffeur war dahin. Kurz darauf erreichten wir jedoch Santa Maria, und wir konnten aussteigen.

Nach Santa Teresa ging es in einem Van, die Fahrt war kurz und schmerzlos. Dort angekommen, legten wir uns unter den Dachvorsprung eines offenbar leerstehenden Gebäudes, um die drei Stunden bis zum Sonnenaufgang so gründlich wie möglich auszuruhen: Wir hatten einen langen Weg vor uns!

Im verregneten Morgengrauen und mit der Hoffnung auf besseres Wetter machten wir uns also auf den Weg, sämtliche Taxis und Busse ablehnend. Am Ufer des Urubamba entlang, stromaufwärts Richtung Aguas Calientes, das zu Füßen der Touristenattraktion Südamerikas liegt. Der Weg wurde länger und länger, der Regen nicht weniger und die Rucksäcke nicht leichter. Dennoch: Die Umgebung wirkte surreal, der braune Strom mächtig, die Berge bizarr, die Wolken mystisch.

Nach den ersten drei Stunden erreichten wir das Ende der Straße und fingen an, den Schienen nach Aguas Calientes zu folgen. Uns kamen viele lateinamerikanische Touristen entgegen, die ihre persönlichen Abenteuer in Machu Picchu bereits hinter sich hatten. Momentan sind kaum Europäer und Nordamerikaner hier, stattdessen viele Argentinier (vier zu eins!), Brasilianer und Chilenen. Vornehmlich Studenten aus den wirtschaftlich starken Nationen des Kontinents.

Nach gefühlten hundert Kilometern erreichten wir schließlich Aguas Calientes. Das Dorf liegt direkt am braunen und momentan ziemlich gefährlich aussehenden Río Urubamba und besteht vornehmlich aus Hotels, Restaurants (Pizza überall) und Waschsalons. Wüsste ich nicht, dass sich zwischen den unglaublich steilen Felswänden keine anderen Dörfer befinden und dass man Aguas Calientes ausschließlich im recht teueren Zug oder zu Fuß verlassen kann, ginge ich davon aus, dass keine Peruanerin und kein Peruaner auch nachts hier lebt...

Nachdem wir uns von unserem Marsch nach Aguas Calientes weitmöglichst ausgeruht hatten, standen wir um vier Uhr morgens des Folgetags auf, um die Wanderung nach Machu Picchu anzutreten: Die Ruinen liegen etwa vier Kilometer und vierhundert Höhenmeter vom Dorf entfernt, und wer einen der nur vierhundert Stempel pro Tag für den Hausberg Huayna Picchu erhalten möchte, muss früh auf der Matte stehen!

Der Weg nach Machu Picchu war nicht leicht, führte über unzählige Treppenstufen steil bergauf. Die vielen entkräfteten und sich teilweise übergebenden Opfer des Rennens am Wegrand waren mir dennoch unverständlich. Ebenfalls die Tatsache, dass fast niemand eine Taschenlampe dabei hatte! Ich eilte dennoch unbeirrt den Berg hinauf und erreichte das Ziel schließlich unbeschadet und im anbrechenden Morgengrauen. Der Eingang war verlassen und ich kam mir verloren vor: War ich richtig! Ich war richtig! Gemeinsam mit einer korpulenten Brasilianerin war ich der erste Besucher des Tages, musste jedoch noch eine halbe Stunde bis zur Öffnung der Kassen warten und konnte Annika einen guten Platz reservieren.

Machu Picchu hing tief im Nebel, als wir schließlich eintreten durften. Immerhin hatte der Regen aufgehört! Wir irrten eine Weile durch die alten Gemäuer, bevor wir den Aufstieg zum weitere zweihundert Meter höher gelegenen Huayna Picchu antraten. Wieder waren einige hohe Treppenstufen zu bezwingen, und teilweise fühlte ich mich am Rande tiefster Abgründe etwas unwohl. Es half nichts: Ich musste auf diesen Felsen, der auf den typischen Bildern von Machu Picchu als Hintergrund dient!

Auf dem Gipfel dieser abenteuerlichen Anlage warteten Annika und ich rund eine Stunde, bis der Nebel plötzlich aufriss und so einen tollen Blick auf Machu Picchu bot! Es war unbeschreiblich: Die seltsam schroffen Felswände in der Umgebung boten einen unfassbaren Hintergrund für den Blick auf die beeindruckenden Ruinen. Alles schien wie von einer anderen Welt. Letzte Nebelschwaden hingen noch an einzelnen Abhängen, während die Sonne auf uns niederbrannte...

Nach dem Abstieg von Huayna Picchu und einem weiteren Spaziergang durch die Ruinen entschieden wir uns gegen eine Führung und für den Abstieg; unsere Beine und Füße machten sich bemerkbar. In Aguas Calientes gab es die wohlverdiente Stärkung und am Ende eine weitere gute Nachricht aus der Bundesliga.

Was für ein Tag! Und morgen geht es weiter: Zurück nach Santa Teresa und von dort nach Cusco, diese Mal tagsüber. Und dann so direkt wie möglich nach Bolivien. Copacabana soll schön sein, und von dort starten wir unsere Tout auf den Titicaca-See! Weiteres von dort!

miércoles, 12 de enero de 2011

Aus Cusco

MIT GROSSER SICHERHEIT wird Cusco in meinen Erinnerungen einen Platz auf den vorderen Rängen meiner Lieblingsstädte einnehmen: Die ehemalige Hochburg der Inka, auf etwa dreitausendvierhundert Metern über Normal Null gelegen, bezaubert mich! Die äußeren Stadtteile sind zwar eher unansehnlich, weil vor allem in allen möglichen Brauntönen gehalten und ziemlich verdreckt, weil arm. Doch im Stadtzentrum finden sich neben beeindruckenden Kolonialgebäuden und sagenhaften Resten der Inkamauerwerkskunst - der Stein mit sage und schreibe zwölf Ecken ist ein Highlight! - wunderschöne Gässchen und Straßen, tolle Blicke auf die umliegenden Berge, schöne Läden mit tollen Wollwaren und nette Cafés und Restaurants.

Spätestens, als Annika und ich uns gestern einen leckeren Wein in einem wunderschönen Weinlokal leisteten, habe ich mein Herz an Cusco verloren. Der Patio eines alten Kolonialhauses, vergleichsweise schmucklos und einfach himmlisch, bot im Kerzenschein die besten Kulisse, um den Tag nach all den überwiegend schönen Eindrücken ausklingen zu lassen! Trozt der Touristemassen, die auch und vor allem wegen der Nähe zu Machu Picchu täglich durch die Stadt strömen findet man hier noch seine Ruhe, Platz zum Schauen und Verschnaufen und Genießen. Und die andine, indigene, lateinamerikanische Kultur scheint hier neben westlichen Einflüssen weiterexistieren zu können. Die Stadt bietet beide Welten und somit die Möglichkeit, das Beste dieser Kulturen zu verbinden und zu leben...

Gerade sind wir auf dem städtischen Markt gewesen, auf dem einfach Haushaltswaren und Lebensmittel neben Webwaren für Touristen feilgeboten werden. Wieder die Parallelität! Neben einem schönen Pullover konnten wir die Verpflegung für das kommende Abenteuer erstehen: Heute Abend starten wir unseren Machu Picchu-Trip. Wir verzichten großzügig auf die Zugverbindung nach Aguas Calientes, sozusagen das Basislager für Besucher der weltberühmten Inkaruinen: Die Fahrt dürfte die teuerste Verbindng der Welt sein, wird auch nur von Touristen genutzt. Wir fahren stattdessen mit einem öffentlichen Bus nach Santa Maria, wo wir irgendwann zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang ankommen. Von dort geht es in einem Vehikel nach Santa Teresa, und von dort wird gewandert. Wir werden einige Stunden unterwegs sein, doch der Weg soll toll sein. Und dann erwartet uns eine Übernachtung in Aguas Calientes, bevor wir am Freitag vor Sonnenaufgang zu den Ruinen aufbrechen werden. Ich bin gespannt und voller Vorfreude! Auf den Weg und das Ziel!

lunes, 10 de enero de 2011

Aus Lima

DEN TEUERSTEN DRINK meines Lebens, den wahrscheinlich teuerste Pisco Sour der Welt, habe ich gestern getrunken. Es war ein Ereignis, das mir mein Leben lang in Erinnerung bleiben wird! Hoffentlich: Sonst hätte sich der Spaß nicht gelohnt! Aber ich fange besser vorne an. Bei meiner Fahrt von Piura in die peruanische Hauptstadt.

Mein Bus verließ Piura - irgendwie scheint der Wurm drin zu sein! - mit rund einer Stunde Verspätung. Vor mir lag eine rund fünfzehnstündige Busfahrt. Ich verfolgte weiterhin ehrgeizig das Ziel, meine Fahrtkosten von Quito nach Lima so niedrig zu halten wie möglich: Eine direkte Verbindung von Hauptstadt zu Hauptstadt hätte mich zwischen sechzig und achtzig Dollar gekostet, bei einer Fahrtzeit von mehr als dreißig Stunden. Das ist viel Geld in Anbetracht der Tatsache, dass man sonst gut mit einem Dollar pro Stunde Fahrt rechnen kann. Bis Piura hatte ich fünfundzwanzig Dollar ausgegeben, und für weitere zwanzig erreichte ich Lima: Finanziell und auch wegen der Eindrücke, die ich in Cuenca und Piura bekommen hatte, hat sich die etwas langwierige und unbequemere Reise also durchaus gelohnt!

In Lima stieg ich ziemlich rerädert aus dem Bus: Bequem ist anders. Gleich stieg ich in ein Taxi ein, um mich ins Finanz- und Tourismuszentrum der Stadt, Miraflores, fahren zu lassen. Moderne Bankenhochhäuser rauschten an mir vorbei, als mein Taxifahrer über die innerstädtische Autobahn chauffierte. Miraflores wirkte recht steril, modern, langweilig. Ich entschloss mich also dazu, ins benachbarte Barranco-Viertel zu laufen, schlenderte zunächst zur Promenade, die durch Grün- und eher noble Wohnanlagen an der Steilküste entlangführt und lief den Sonnenschein und die Sicht auf den Pazifik genießend südwärts. Der Weg schien länger und länger, der Rucksack schwerer und schwerer zu werden, doch schließlich kam ich in Barranco an. Das Viertel weist eine hohe Anzahl von Kolonialbauten auf und wirk sehr ruhig und angenhem, dabei aber durchaus belebt und interessant. Als ein angetrunkener Herr mich ansprach und mir ein Hostal zeigen, mich aber nicht alleine weiterziehen lassen wollte, wurde mir die Situation etwas unangenehm - und ganz überraschend standen wir plötzlich vor dem wahrscheinlich günstigsten Hostal der Stadt. Ich trat ein, ließ meine unerwünschte Begleitung hinter mir und machte eine Bleibe für die kommende Nacht klar.

Im Anschluss spazierte ich durch das Viertel, bestaunte die großen Mengen von Touristen und für den Tourismus bestimmten Restaurants und Bars und zog alsbald ins historische Zentrum Limas weiter, per Taxi. Zurück über die Autobahn, vorbei an den gläsernen Gebäuden beiderseits der autopista.

Etwas ziellos und dementsprechend gelassen und offen wanderte ich durch die Stadt. Vorbei an Parks und Kirchen. Entlang an kolonialen Fassaden und vielbefahrenen Straßen. Durch kleine Gassen und Taubenschwärme. Ich aß lecker sopa seca (Trockene Suppe) für wenig Geld und kam später mit einem betrunkenen Musiker ins Gespräch. Wurde vielmehr ins Gespräch gezogen. Als ich mich gerade losgerissen hatte, um meine Wanderung fortzusetzen, kam der (angebliche) Gitarrenschüler des maestros und riet mir von der von mir vorgesehen Route ab: Sie sei zu gefährlich. Ich beschloss also eine Richtungsänderung und wurde von dem jungen, ebenfalls angetrunkenen Mann, Abraham, begleitet.

Generell bin ich immer dankbar für Gespräche mit locals und genieße es, auf Reisen nicht nur mit anderen Backpackerinnen und Backpackern zu plaudern. Aber es gibt Angenehmeres als zwielichtige und angetrunkene Latinos! Abraham war jedoch nicht von der schlimmsten Sorte, und ich hörte mir seine Geschichten an - eine andere Wahl hatte ich eh nicht: Ich kam nicht zu Wort!

Am Ende landeten wir einem Coffeshop nahe dem Präsidentenpalast. Dort gäbe es nicht nur den besten Pisco Sour Perus (und also der Welt), man könne dort ab und zu auch den Präsidenten beim Koksen antreffen. Letzteres interessierte mich nicht - der Pisco Sour reizte mich hingegen mehr. Ob ich Abraham einen Drink ausgebem könnte? Könnte ich, nach all seinen Bemühungen, die vermutlich auf nichts Anderes abgezielt hatten! Die Uhr im Blick - ich hatte vor, Annika vom Flughafen abzuholen und daher nicht mehr viel Zeit - wurde ich etwas böse überrascht, als sich unsere Pisco Sours nicht als kleine Cocktails, sondern als Humpen von einem Liter Fassungsvermögen mit einem zusätzlichen Glas puren Piscos herausstellte! Wie würde ich so viel in so wenig Zeit trinken können? Gar nicht - ein Ding der Unmöglichkeit!

Der Pisco war lecker, die Situation ziemlich komisch. Inzwischen hatte sich ein Freund von Abraham zu uns gesellt. Ebenfalls schon ziemlich besoffen. War ja schon fast vier Uhr am Nachmittag! Ich hastete bis zur Hälfte meines Getränks, ließ den Rest in eine Plastikflasche füllen und den puren Schnaps von Abrahams Freund trinken und bat um die Rechnung. Und dann die Bescherung, die einfach zu unglaublich war, um jemals vergessen zu werden. Ich war von zehn bis zwanzig Soles pro Drink ausgegangen, bis ich das Ausmaß unserer Piscos sah. Dass mir niemand deren Preis verraten wollte, machte mich zusätlich misstrauisch. Aber dass sich die Kosten für zwei Pisco Sours, zwei Piscos und den servicio in dieser zweifelhaften (aber interessanten und schönen!) Bar, die von wenigen und dafür umso betrunkeneren (oder so) Gestalten besucht war, auf insgesamt hundertsiebzig Soles, also rund sechzig (!) Dollar beliefen, überraschte und entsetzte mich dann doch!

Es wurde also kritisch. Ich hatte hundert Soles einstecken. Außerdem trug ich zum Glück fünfunddreißig Dollar bei mir. Mir war bewusste, dass ich weder verhandeln wollte in diesem Ambiente noch die Möglichkeit haben würde, Geld abzuheben: Die Karte war sicher im Hostal. Was tun? Ich würde noch zum Flughanfen fahren müssen! Meine Soles und dreißig Dollar ließ ich in der Bar, hatte also noch fünf Dollar in der Tasche. Bei mindestens (!) fünfzehn Soles (etwas mehr als fünf Dollar) fürs Taxi war ich knapp bei Kasse. Ich eilte aus dem Coffeeshop, hielt Taxis an und fragte nach deren Preisen. Dreißig Soles. Fünfundzwanzig Soles. Ich wurde nervös. Dann, schließlich: Fünfzehn, aber nicht in den Flughafen: Ich würde draußen an der Straße abgesetzt werden. Für fünf Dollar und die zwei Soles, die Abramahm mir in seiner Güte gab.

Am Flughafen hatte ich dann doch noch eine Weile zum Erholen: Annikas Flug war etwas verspätet. Und ich war besorgt: Was, wenn sie aus irgendeinem Grund wieder nicht reisen konnte? Ich hatte kein Geld mehr bei mir, war also darauf angewiesen, dass Annika unser Taxi zahlen würde...

Diese Gedanken waren umsonst: Annika kam, hatte Geld dabei und wir beide freuten uns sehr über das Wiedersehen! Am Abend gab es noch leckeres Kochen in der Hostalküche, nette Gespräche mit anderen Reisenden und Lindt-Schokolade aus Deutschland, als nachträgliches Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk!

Gleich werden wir noch eine Runde durch Lima drehen und dann unsere Bustickets nach Cusco kaufen. Um fünf Uhr nachmittags geht es heute los, morgen Nachmittag kommen wir an. Und: Es wird Luxus pur! Asientos camas, Bett-Sitze, Stewardessen, all inclusive. Für teure hundertzwanzig Soles. Aber was würde mich eine zwanzigstündige Zugfahrt in der ersten Klasse mit der Deutschen Bahn kosten?!

Morgen also: Cusco, und bald: Machu Picchu!
Ich schreibe weiter, und genieße das Reisen!
Seid gegrüßt!

sábado, 8 de enero de 2011

Aus Piura

IN DER MITTAGSHITZE brauchte ich ein wenig Schatten: Zeit für einen weiteren kurzen Eintrag ins Reisetagebuch! Der Bus der Pullman Sucre fuhr gestern Abend auf ziemlich direktem Wege an die Pazifikküste und setzte alle Passagiere in Huaquillas an der peruanischen Grenze ab. Dort war zunächst Warten angesagt, da die Grenzbehörden aus mir nicht bekannten Gründen nie arbeiten zwischen ein und drei Uhr nachts - also immer dann, wenn der Bus vorfährt. Nachdem wir die ecuadorianischen Ausreisestempel bekommen hatten, begaben wir uns an Bord eines Busses der CIFA, bekamen noch die Einrestempel für Peru und nahmen erneut Fahrt auf.

Als ich in den Morgenstunden ziemlich zerknautscht aufwachte und einen kurzen Blick nach draußen erhaschen konnte, bevor ich erneut einschlief, hatte sich die Landschaft komplett verändert. Anstelle der saftigen Andentäler, die ich im Süden Ecuadors bewundern konnte, waren nun Sanddünen am Straßenrand zu sehen. Wüste, soweit das Auge reichte! Ein paar Stunden später, beim nächsten Erwachen, waren die Dünen einer weiten und ebenen Landschaft gewichen, Steppe zu allen Seiten. Hie und da waren kleine Hütten zu sehen, die erbärmlich arm aussahen. Wovon leben die Menschen hier, inmitten von Staub und ausgedorrten Büschen, die vermutlich sofort aufblühen, sobald ein paar Regentropfen fallen? Es erschien mir logisch, dass viele der Häuschen verlassen schienen.

Schließlich erreichten wir Piura. Die Stadt, mit rund einer halben Million Einwohnerinnen und Einwohner eine der größten des Landes, machte zunächst einen sehr chaotischen Eindruck: Dreiradtaxis und Busse verstopften die Hauptstraße, sämtliche Seitenstraßen schienen als Markt genutzt zu werden. Ich ließ mich nicht irritieren, hob ein paar Soles (S/.) ab und kaufte mir mein Busticket nach Lima: Gleich stehen mir fünfzehn Stunden Busfahrt bevor!

Dann gönnte ich mir einen kleinen Spaziergang durch den Stadtkern. Kolonialbauten und recht moderne Hochhäuschen wechseln sich ab, von Touristen keine Spur - ich wurde nicht selten so angesehen, als ob ich der erste Weiße in Piura wäre! Ich schlenderte also ziellos durch den Ort, genoss die Hitze und den Sonnenschein und landete zuguterletzt in einem kleinen und gemütlichen Café, in dem ich leckeres Brot und Joghurt genießen durfte und endlich die Lektüre vom Vortag fortsetzen konnte.

Weil ich gelesen hatte, dass man in Piura gut essen könnte und besonders die ceviches empfehlenswert wären, erlaubte ich mir noch ein Mittagessen in einem empfohlenen Restaurant. Ceviche hatte ich schon einmal gegessen, damals in Corinto an der nicaraguanischen Pazifikküste: Es handelt sich dabei um eine Art kalte Fischsuppe mit Zwiebeln. Die Zutaten werden nicht gekocht, sondern nur gut gewaschen, mit Zwiebeln, Zitronensaft, Salz und ají (Chilli) angemacht. Diese Mischung sollte sofort Wirkung zeigen: Ich hatte mein Fisch-Tintenfisch-Krabben-ceviche zwar mit wenig ají bestellt, musste aber schon nach wenigen Bissen eine Pause einlegen: So scharf hatte ich zuvor vermutlich noch nie gegessen! Immerhin: Ich bin mir sicher, dass mich dieses Essen nicht krankmachen wird, dem ají wird eine säubernde Wirkung zugesprochen...

Jetzt werde ich mich auf die plaza de armas setzen, ein wenig in meinem Wälzer schmökern und mich dann auf den Weg zum Bus machen: Die nächste Etappe ruft! Morgen früh werde ich dann in Lima ankommen, ein wenig die Stadt erkunden und dann Annika vom Flughafen abholen: Mit ihr reise ich dann in den Osten Perus und von dort nach Bolivien! Stay tuned!

viernes, 7 de enero de 2011

Aus Cuenca

ETWAS ZU SPÄT bin ich hier angekommen, in der angeblich schönsten Stadt Ecuadors: Die Fahrt hatte eben eine Weile gedauert. Zwei Stunden von Cayambe nach Quito, eine Stunde vom Norden der Stadt in den Süden derselbigen und dann stolze zehn Stunden vom Busbahnhof Quitumbe nach Cuenca, wobei die Entfernung schätzungweise nicht viel mehr als vierhundert Kilometer betragen dürfte.

Die Fahrt ab Quito fand ich spannend, hatte ich den Süden Ecuadors doch noch nie bereist. Ab Riobamba, das ziemlich genau im Zentrum des Landes liegt, fuhren wir durch saftiggrüne Gebirgstäler, vorbei an stillgelegten (?) Eisenbahngleisen und Weiden, auf denen vor allem Rinder und Schafe grasten. Später, mit Einbruch der Dunkelheit, wurde es sehr neblig und ich konnte nichts mehr von der Landschaft, die vor den beschlagenen Fensterscheiben vorbeiflog, sehen.

Cuenca erreichte der Bus mit rund zwei Stunden Verspätung (untypisch für Busse!) gegen elf Uhr nachts. Und schnell hatte ich die Befürchtung, vielleicht Schwierigkeiten zu haben, unkompliziert ein freies Bett in einem Hostal zu finden: Die Straßen waren voller verkleideter Menschen und es hatte den Anschein, dass auch sehr viele Touristen unterwegs waren! Am sechsten Januar, dem día de los santos inocentes, finden in Cuenca Umzüge statt, die den Faschingsumzügen in Deutschland gleichen dürften. Aber um das Spektakel mitzubekommen, war ich leider zu spät. Glücklicherweise sollte sich die Suche nach einer Bleibe für die Nacht als sehr einfach herausstellen, und so landete ich in dem Hostal, das ich bereits vor meiner Ankunft ins Auge gefasst hatte.

Am Folgetag hatte ich dann Zeit, ein wenig durch Cuenca zu spazieren. Das Ufer des Tomebamba bot Blicke auf schöne Grünflächen und auf zahlreichen Villen; die Altstadt machte einen sehr schönen, sehr europäischen Eindruck. Spanier und später französische Jesuiten haben hier ein schönes Städtchen entstehen lassen! Beeindruckend war die große neue Kathedrale mit ihrem Backsteinmauerwerk und den blauen Kuppeln - der Innenraum enttäuschte hingegen. Auch die zentrale plaza war schön und bot Sitzgelegenheiten und Ruhe, um einen Monat zu rasten. Spektakulär: Aus zahlreichen Lautsprechern in den Bäumen war Fahrstuhlmusik vom Feinsten zu hören... War das wirklich Ecuador?!

Nach dem Kauf meines Bustickets nach Piura, wo ich am Freitagmorgen ankommen und kurz darauf frisches Meeresgetier essen werde, verschlug es mich in des Internetcafé, in dem ich im Augenblick noch immer sitze: Der schließlich doch einsetzende Regen machte einen Strich durch meine Rechnung - ich hatte mir ein paar Stunden entspannter Lektüre unter den Lautsprechern der plaza vorgenommen...

Jetzt steht noch das Abendessen aus, bevor ich mich langsam, aber sicher auf den Weg zum Busbahnhof machen werde! Zehn Stunden im Bus: Klingt anstrengend. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich keine Lust habe, nach Peru zu kommen!

miércoles, 5 de enero de 2011

Prost Neujahr!

ES IST BESSER, in Íntag nicht ernsthaft krank zu werden: Die medizinische Versorgung lässt sehr zu wünschen übrig, und die vielen Diagnosen, die man zu hören bekommt, wenn man erzählt, dass man sich nicht gut fühlt, sind auf Dauer sehr anstrengend!

Bereits eine Woche vor Weihnachten wurde ich wieder einmal krank, mein Bauch ließ mich nicht mehr (gut) schlafen, und nach einigem Zögern konnte ich mich dazu durchringen, Rundumschlagparasitenkiller zu nehmen. Der Rundumschlag war so gründlich, dass es mir in der folgenden Nacht wirklich schlecht ging, an den Tagen darauf aber schon deutlich besser.

Hätte ich meiner Familie Glauben geschenkt, wäre meine Krankheit auf die Sonne, den Wind, den Regen, die Erosion (!) oder die Kälte, die für mich als Deutscher nicht kalt ist, zurückzuführen gewesen. Dass in dem Essen, das ich in der Familie bekommen hatte, möglicherweise etwas Schlechtes war? Dass das Wasser, das ich trinke, vielleicht doch nicht richtig abgekocht war? Unmöglich! All die Vermutungen, die ich im Übrigen nicht nur von meiner Gastfamilie zu hören bekam, sind, mit Abstand betrachtet, ganz witzig. Aber wenn man krank ist und sich solche Spekulationen anhören muss, zehrt das an Nerven und Geduld...

Die Parasitenkiller halfen also zunächst. Doch pünktlich in der Nacht vor Heiligabend machte mein Bauch wieder Probleme. Was tun? Nichts: Ich wollte das Weihnachtsfest nicht damit verbringen, Tabletten zu nehmen. Und tatsächlich ging es mir nach leckerem Essen europäischer Rezeptur und etwas Wein wieder besser, wie ich bereits im letzten Blogeintrag geschrieben habe!

Nach den Weihnachtstagen fuhr ich mit Polly nach Otavalo. Und am Morgen des dreißigsten Dezembers fing das alte Leid wieder an. Langsam war es genug, aber das Leben ist eben meistens kein Wunschkonzert! Ich ignorierte das ungute Gefühl, weil ich noch ein paar Dinge erledigen musste, bevor wir uns mit Peter und seiner Studierendengruppe der University of Vermont trafen. Alle zusammen fuhren wir dann nach Morochos. Das ist eine kleine Gemeinde am Fuße des Cotacachi, auf etwa dreitausend Metern über Normal Null gelegen und noch sehr indianisch geprägt: Muttersprache ist hier Quechua, die Spanischkenntnisse sind zwar gut, doch viele grammatikalische Fehler zeigen, dass die Menschen sich beim Spanischsprechen auf schwierigem Terrain bewegen.

Als wir am einunddreißigsten Dezember zu einer minga aufbrechen wollten, entschied ich nach ziemlich schlafloser Nacht, nicht mitzuarbeiten und stattdessen einen Arzt aufzusuchen. Während also die Studierenden mit Peter, Polly und einigen der Bewohnerinnen und Bewohner aufbrachen, um die Hänge des Cotacachi hinaufzuwandern und Bäume zu pflanzen, was mittags mit frisch gegrilltem Alpacafleisch belohnt werden sollte, fuhr ich nach Cotacachi und begab mich auf die Suche nach einem Labor. Mittags bekam ich die Diagnose: Entzündung des Verdauungstraktes. Welche Entzündung genau ich mir da eingefangen hatte, weiß ich nicht, aber die Medikamente, die ich seitdem nehme, scheinen zu helfen. Immerhin!

An Neujahr fuhren wir alle gemeinsam zur Laguna Cuicocha, wo Peter seinen Studierenden Vorträge über Geschichte, Politik und Wirtschaft Ecuadors hielt, schließlich bekamen wir einen guten Dokumentarfilm zur Erdölförderung im Nordosten des Landes zu sehen: Crude, sehr empfehlenswert!

Am zweiten Januar traten wir den Weg nach Pucará an. Dort fanden am dritten und vierten Januar mingas statt: Gemeinsam mit pucareños wurde an verschiedenen Baustellen weitergearbeitet. Das Terrain vor der casa comunal wurde planiert, eine Treppe wurde betoniert, der Zaun errichtet. Im Gemeindegarten wurden Unkraut gejätet. Das Gebäude, das dereinst Umkleidekabinen für die Fußballmannschaften, Toiletten und die Funktion als Bushaltestelle vereinen soll, wurde weitergebaut.

Am vierten Januar, also früher als geplant, verließ ich Pucará schon. Krankheitsbedingt. Dieses Mal war ich nicht direkt betroffen, aber die Umstände erforderten, dass auch ich abreisen musste. Nun bin ich in Cayambe, werde mir nach all dem Stress und all der Krankheit gleich ein paar Tafeln RitterSport kaufen und mich mental auf die Reise vorbereiten.

Annika kam nicht nach Quito, um mich für unsere gemeinsame Reise abzuholen: Man hatte sie nicht in den Flieger nach Ecuador einsteigen lassen, da sie kein Rückflugticket hatte. Wir werden uns am Sonntag in Lima treffen; morgen breche ich voraussichtlich auf und hoffe, dass ich vielleicht schon am Samstagabend in der Hauptstadt Perus ankommen kann! Die direkte Busverbindung dauert zwischen dreißig und vierzig Stunden, ich möchte das aber aufteilen, nicht nur im Bus übernachten, etwas mehr sehen und weniger für den Transport zahlen...

Der nächste Eintrag kommt dann (hoffentlich!) aus Peru! Fotos werde ich übrigens erst wieder hochladen, wenn ich von der Reise zurückkomme.