viernes, 10 de junio de 2011

Havanna

DIE HAUPTSTADT CUBAShat mich schon fasziniert, als ich sie nur aus Bildbändern und Filmen kannte. Die alten, teilweise in sich zusammenbrechenden Kolonialbauten, die beinahe antiken nordamerikanischen Straßenkreuzer, die Musik und die Lebenslust – all das zusammen stellt eine Mischung dar, die mich schon lange angezogen hatte. Vor meiner Ankunft in Havanna befürchtete ich, dass es sich bei all diesen Bildern und Erwartungen nur um Klischees handeln könnte, um Bilder, die den Tourismus etwas ankurbeln sollen.

 

Zum Glück wurde ich ganz schnell eines Besseren belehrt: Havanna ist wirklich so! Die Gebäude sind jedoch nicht selten besser in Schuss, als ich es erwartet hatte und damit noch ein ganzes Stück vom Einsturz entfernt. Dennoch prägen auch Ruinen das Straßen- und Stadtbild. Zwischen bunt gestrichenen Kolonialfassaden von einigermaßen intakten Häusern fallen andere Bauten in sich zusammen; durch ihre Fenster kann man den blauen Himmel sehen, nicht selten sind nur noch die Fassade und ein kläglicher Überrest von Wänden und Decken übrig. Zum Teil wirken ganze Häuserreihen wie Friedhöfe für Kolonialbauten, dann sind wieder kürzlich renovierte und gut in Schuss gehaltene Wohnhäuser zu sehen.

 

Zwischen den Häusern, auf den Straßen, verkehren vor allem alte »Amischlitten«. Fords und Chevrolets aus der Zeit vor der Revolution sind alles andere als die Ausnahme – und sie sehen nicht selten aus wie neu! Wer ein Auto besitzt, pflegt dieses liebevoll und garantiert dem Fahrzeug ein langes Leben: Ein Oldtimer in einem Museum in Mitteleuropa könnte in keinem besseren Zustand sein!

 

In vielen touristischen Einrichtungen, aber auch an Treffpunkten für Einheimische sind sehr oft Salsa- und Timba-Klänge zu hören. Die Musik spielt eine wichtige Rolle im Alltag – und bringt die Menschen in Bewegung: Schon mehrere Male habe ich Gruppen, bestehend aus Tänzerinnen,Tänzern und einem kleinen Orchester, durch die Straßen ziehen sehen: Die sorgen für Lärm, Stimmung und dieses Gefühl: Hier bin ich richtig!

 

Als ich vor vier Jahren in Nicaragua ankam, war ich bald etwas enttäuscht: Diese Lebensfreude, die ich erwartet hatte, konnte ich dort nur sehr selten spüren. Zu sehr waren die Leute mit ihren Problemen beschäftigt. In Ecuador war ich dann nicht mehr weiter erstaunt, als die Menschen ihren Alltag ohne jede Aufregung und Euphorie bestritten. Das ist jetzt anders: Es gibt Probleme hier, und es gibt viele Menschen, die diese auch an- und aussprechen. Doch viele versuchen, dieser Tatsache die Stirn zu bieten – und trotz allem Spaß am Leben zu haben!

 

Dazu gehört das Fußball-, Volleyball-, Baseball-, Schach- und Dominospiel, das an vielen Orten an und auf der Straße betrieben wird. Dazu gehört die Musik, die aus den Häusern schallt. Dazu gehören das Rumtrinken und Zigarrerauchen, die so oft zu beobachten sind. Dazu gehören Diskussionen und Witze, die lautstark auf der Straße ausgetragen beziehungsweise erzählt werden. Und dazu gehört der Malecón, die berühmte Uferpromenade, an der sich abends Freunde zum Trinken, Pärchen zum Turteln und Familien zum Spazierengehen treffen.

 

Inzwischen bin ich nicht mehr nur auf eigene Faust in Havanna unterwegs: Nora, mit der ich in íntag zusammengearbeitet habe und Jamila, die für YAP ebenfalls in Ecuador (Riobamba) war, sind am Samstag beziehungsweise Sonntag eingetroffen, und wir teilen uns eine CasaParticular in CentroHabana, unweit des Capitolios und fünf Gehminuten vom Malecón entfernt.

 

Eine CasaParticular ist eine kostengünstige Alternative zu den Hotels in der Stadt. Familien können Zimmer bei der Regierung anmelden und dann an ausländische Gäste vermieten. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Touristinnen und Touristen bei einer Behörde registriert und im Krankheitsfall beim Arzt vorstellig werden. Darüber hinaus sind sie verpflichtet, pro Zimmer und Monat zweihundert CUC (gleich Dollar) an den Staat zu zahlen. Wer diesen Pflichten nicht nachkommt, ist seine Lizenz ganz schnell los. Wer brav alle Vorschriften befolgt, muss am Ende des Jahres zusätzlich zwanzig Prozent der Einnahmen in die Staatskasse zahlen.

 

Der große Vorteil der Casas Particulares, die es in Havanna wie Sand am Meer gibt, ist die Erfahrung, die man in keinem Hotel der Welt machen kann: Man lebt mehr oder weniger mit einer Gastfamilie zusammen und hat Einblicke in deren Alltag. Leider leben die Eigentümer unseres Zimmers nicht in dem Gebäude, in dem wir unterkommen – das scheint aber nicht die Regel zu sein. Dennoch haben wir regen Kontakt zu unserem Vermieter und durften inzwischen auch dessen Tochter kennenlernen. Die hat uns seitdem mehrmals zu sich eingeladen, was uns schöne Abende mit ihr, ihrem Freund und einem Kumpel beschert hat: Es gab Rum, Zigarren, typisches Essen und ebenso viele wie lange Gespräche.

 

Unsere kubanischen Freunde können uns bei den Treffen über die Welt »da draußen« stellen, wir erfahren im Gegenzug viel über die Situation im Lande. Ich bin gespannt, was ich in den nächsten zwei Wochen noch so alles zu hören bekomme. Und freue mich darauf!

1 comentario:

  1. Simon!jetzt habe ich den liveticker der NBA an und finde Zeit mich für "Dirkules" zu freuen und deine berichte zu lesen.
    Ich bekomme Lust auf Kuba, aber Brasilien ist ja bekanntlicherweise auch nicht schlecht, auch wenn ich in der europäischsten Stadt ganz Lateinamerikas zu Hause bin!
    spannende Berichte und zur Währung: wir haben die damals schon in der wirtschaftsvorlesung durchgesprochen und niemand, aber auch wirklich niemand hats verstanden :)

    Liebe grüße, viva la revolución /viva a revolução,
    Johannes

    ps.: Dirk hat übrigens gerade die Serie beendet und darf sich damit als erster deutscher einen Ring an den Finger stecken. der ist bestimmt mehr wert als ein kubanischer arzt in seinem ganzen Leben verdient - junge, ist das wenig!

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