lunes, 20 de junio de 2011

Das war: Cuba

EIN WEITERES KAPTIEL meiner Reise neigt sich dem Ende zu: Morgen werde ich das Zentrum von Havanna in den frühen Morgenstunden verlassen, um meinen Flug nach San José, Costa Rica pünktlich zu erreichen. Dort werde ich mich mit Polly treffen und dann gemeinsam mit ihr nach Nicaragua fahren, wo wir drei Wochen verweilen werden. Mit Jonas, einem ehemaligen YAP-Freiwilligen, werden wir dessen ehemalige Wirkungsstätte in Tipitapa, unweit von Managua, besuchen. Mit David, einem der aktuellen Freiwilligen von Nueva Nicaragua Wisbaden e.V., werden wir dessen Abschied aus Octoal im Norden des Landes feiern. Für mich wird das ein besonderer Augenblick sein, kann ich dann doch erstmals seit vier Jahren »mein« altes Projekt und alle, die dazugehören, besuchen! Und wenn alles gutgeht, reisen Jonas, Polly und ich gemeinsam mit Laura, meiner Gastcousine aus meiner Zeit in Nicaragua, durch das größte mittelamerikanische Land!

 

Doch so ganz habe ich mit Cuba auch noch nicht abgeschlossen. Seit Jahren hatte ich davon geträumt, die Insel mit meinen Augen zu sehen – so ganz habe ich dieses Vorhaben noch nicht in die Tat umsetzen können, bin ich doch während der letzten Wochen nicht über die Grenzen der Hauptstadt vorgestoßen.

 

Was ich in Havanna gesehen und erlebt habe, kann ich auch noch nicht so recht einordnen: Die ersten Stunden und Tage war ich hin und weg, Hals über Kopf verliebt in die Stadt. Die Kolonialbauten begeisterten mich ebenso wie die Oldtimer. Die Offenheit und Fröhlichkeit der Menschen machten mich ebenso glücklich wie der Eindruck, dass hier zwar viele arme, aber dafür sehr gebildete Menschen leben. Das konstant gute Wetter und die sengende Sonne trugen zu meiner guten Laune ebenso bei wie der erfrischende Schatten in den Straßenschluchten und das tolle Abendlicht.

 

Aber mit der Zeit kamen andere Eindrücke zu den ersten Impressionen hinzu. Viele Touristen, vorwiegend – aber nicht nur! – Männer aus europäischen oder nordamerikanischen Gefilden, die sich die hier sehr verbreitete Armut zunutze machten und mit ihren Portemonnaies die Herzen – oder eher Unterleiber – karibischer Schönheiten eroberten. Und andere Folgen der finanziellen Armut: Überall wurden Zigarren unter der Hand an Touristen verkauft, ständig wurden einem auf der Straße dubiose Angebote gemacht, von zu vermietenden Zimmern über ein Abendessen bis hin zu reizenden Schwestern, die man sich »mal ansehen« solle.

 

Dass überall Bilder vom in Deutschland weitgehend unbekannten Camilo Cienfuego und seinem weltberühmten compañero Che Guevara hängen, scheint dennoch kein Zufall zu sein: Die Revolution hat, wie ich immer wieder gehört habe, weiten Teilen der Bevölkerung tatsächlich geholfen. Die Qualität der Schul- und Universitätsbildung nahm erheblich zu, und auf einem war das Land für seine Mediziner und seine Gesundheitsversorgung weit über die Landesgrenzen und die Karibik hinaus bekannt! Allerdings scheinen diese Verdienste der Revolution seit dem Zusammenbruch der Sovjetunion zu großen Teilen verloren gegangen zu sein: Seit der Dollar Einzug erhalten hat im Inselstaat, war Arbeit mit einem Schlag nichts mehr wert, Gehälter reichten plötzlich nicht mehr aus, um eine Familie zu ernähren. Und so wanderten viele gut augebildete Arbeitskräfte in die Tourismusbranche ab.

 

Momentan scheint es leicht bergauf zu gehen: Gebäude werden renoviert, andernorts entstehen gar neue Hotels und Restaurants – ob jedoch auch die Einheimischen von diesem kleinen Bauboom profitieren, sei einmal dahingestellt: Die Bauprojekte werden oft in Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren gestemmt – und diese dürften in den meisten Fällen kein ernsthaftes Interesse am Wohl der Kubanerinnen und Kubaner haben. Wohin der Weg Kubas führt, weiß niemand so recht.

 

Hoffentlich hält die positive wirtschaftliche Entwicklung der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart nicht nur an, sondern weitet sich auch auf die kubanische Bevölkerung aus: Damit die im Handel theoretisch erhältlichen Lebenmittel wirklich für alle erschwinglich werden. Damit die Renovierung von Häusern und Wohnungen aus den Taschen der Bewohnerinnen und Bewohner finanziert werden kann. Damit auch Lehrkräfte und Angestellte des Gesundheitswesens wieder würdige Löhne erhalten – und nicht im Tourismus tätig werden. Damit die scheinbar einmalig günstigen Bildungsangebote wieder Reiz gewinnen: Weil man mit guter Ausbildung gutes Geld verdienen kann.

 

Hoffentlich geht Raúl den eingeschlagenen Weg, der nach Zugeständnissen an die Bevölkerung aussieht, weiter: Damit bald alle reisen könne, soweit das Geld sie bringt. Damit Hungerstreiks unnötig werden. Damit niemand mehr ins Gefängnis kommt wegen des Schlachtens des eigenen Viehs. Damit sich die Kubanerinnen und Kubaner nicht mehr unfrei fühlen und am Ende tatsächlich frei sind!

 

Ich kenne Cuba kaum, habe nichts von den ländlichen Regionen und auch nicht von möglicherweise noch ärmeren Vororten der Hauptstädte gesehen. Doch bis jetzt bin ich überzeugt: Es gibt Probleme in dieser Stadt und in diesem Land. Aber diese Probleme sind nicht schlimmer als die Schwierigkeiten in anderen armen lateinamerikanischen Ländern. Cuba ist nicht die kommunistische Hölle und nicht das sozialistische Paradies – Cuba ist eins von zu vielen Ländern, denen es nicht gut geht. Ein anderes ist Nicaragua. Doch solange es in Cuba, in Nicaragua und in allen anderen Ländern dieser Welt Menschen gibt, die Hoffnung haben und Ideen, die den Mut haben und die Ehrlichkeit, für diese Ideen einzustehen, ist noch nicht aller Tage Abend.

 

Ich hoffe, dass ich bald mehr schreiben kann aus Nicaragua – hasta luego!

3 comentarios:

  1. ¡Ola Simon!
    Dein Geburtstagsbrief kam an! Nicht mehr ganz rechtzeitig, aber ich habe mich sehr gefreut. Noch vier Wochen, dann bist Du wieder hier, kaum zu fassen!
    Ich wünsche Dir ein fröhliches Wiedersehen in Nicaragua und eine gute Zeit dort!
    Mama

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  2. wunderschön geschrieben, Simon!

    Liebe Grüße, Johannes

    und grüß mir Ocotal und Nicaragua!!!abrazo!

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  3. Schade um ein so schönes Land. Kuba ist wirklich einzigartig, hat wunderschöne Strände und Landschaften... Man kann nur hoffen, dass es bald weiter aufwärts geht. Schöne Grüße!

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