sábado, 11 de diciembre de 2010

Neue Familie 4.0

WIE JEDEN MONAT habe ich auch Anfang Dezember wieder einmal meine Gastfamilie gewechselt. Nun lebe ich etwa zwanzig Spazierminuten unterhalb von Pucará. Meine Gasteltern sind Jaime Jativa, 53 Jahre alt, und seine Frau Ceyda, 39 Jahre alt und im vierten Monat schwanger. Meine Gastgeschwister sind Gabriela, 14, Francisco, 12, Narcisa, 11, Ruth, 7, Diego, 4 und Pamela, 2 1/2. Die Namen der beiden Hunde, die eingangs ziemlich aggressive waren, habe ich mir nicht gemerkt.

Nach knapp einer Woche in der Familie Jativa fühle ich mich schon sehr wohl: Alle sind neugierig und unterhalten sich gerne mit mir, und die Kinder sind sehr lebhaft und lustig – einfach nett. Einmal habe ich mich sogar dazu bewegen lassen, mir mit der Familie die allabendliche novela anzusehen, eine wahnsinnig kitschige und übertriebene Fernsehserie: Das Angebot konnte ich einfach nicht ausschlagen, so nett wie ich gefragt wurde!

Dass die Familie so nett ist, macht einiges wett. Dass es keine Dusche gibt und ich mich mit einem Eimer wasche, zum Beispiel. Oder dass der Weg hierher beim momentanen Wetter eine einzige Schlammschlacht ist. Oder dass es hier kein Waschbrett gibt, sondern nur zwei eher weniger als mehr zum Waschen geeignete Steine. Und dass ich hier erstmals seit inzwischen immerhin vier Monaten wirklich zerstochen werde. Ob es sich bei meinen Peinigern um Flöhe handelt oder um Mücken, weiß ich nicht – ich hoffe auf Letzteres, gehe aber davon aus, dass meine Hoffnungen umsonst sind. (Und wenn es die Flöhe sind – dann werde ich eben noch drei oder vier Wochen gebissen werden, bevor sich auch das gibt...)

Don Jaime und Doña Ceyda sind sehr zuvorkommend und begegnen sich gegenseitig sehr respektvoll. Sie siezen sich trotz der zahlreichen Jahre, die sie nun schon miteinander leben. Auch ihre Kinder siezen sie, und mich sowieso: Ich werde nur von sehr wenigen Personen hier geduzt, was mir aber kaum noch auffällt, weil man sich hier grundsätzlich eher siezt. (Selbst viele Hunde werden gesiezt...) Trotz der kurzen Zeit, die Don Jaime in der Schule verbrachte – vier Jahre sollten genügen – ist mein Gastvater scheinbar sehr gebildet im Gegensatz zu vielen Personen, mit denen ich bisher in Kontakt kam: Er weiß zumindest grob Bescheid über viele politische und historische Ereignisse und scheint sich durchs Lesen gebildet zu haben, was ihn zu einem sehr angenehmen und interessanten Gesprächspartner macht. Doña Ceyda ist eher zurückhaltend und springt Jaime vor allem dann zu Seite, wenn ich Fragen zu bestimmten Rezepten oder anderen Haushaltsthemen habe.

Gabriela (Gabi), die Älteste, lebt zur Zeit offenbar nur für den Haushalt. Sie hat die Grundschule vor zwei Jahren beendet und hatte danach die Möglichkeit, auf die weiterführende Schule nach Apuela zu gehen, was sie jedoch ablehnte: Alleine wollte sie das nicht. Bis sie im kommenden Frühjahr wieder zur Schule geht – Narcisa (Nacha) steht kurz vor dem Ende der siebenjährigen Grundschule und wird bald mit Gabi nach Apuela fahren –, wird sie weiterhin ihre Mutter unterstützen, kochen, waschen, für Ruhe sorgen. Aufgrund ihrer Beschäftigung wirkt sie auf mich gar nicht wie eine Jugendliche, die mitten in der Pubertät steckt...

Nacha, Francisco (Pancho) und Roth gehen zur Schule in Pucará. Die beiden älteren sind einerseits sehr lustig und lachen über jedes Späßchen, wirken andererseits aber auch oft ernst und ruhig – ganz anders Ruth, Diego und Pamela, die viel spielen und lärmen und oft einen witzigen Anblick bieten.

Ganz anders war das in meiner letzten Familie: Dort sprach ich ausschließlich mit meiner Gastmutter Gloria, weil deren Mann Lauro meistens in seinem Zimmer war und fernsah und die Kinder mich zwar oft mit großen Augen ansahen, aber sofort hinter irgendeiner Wand oder hinter ihrer Mutter verschwanden, wenn ich sie etwas fragte. So ganz behagte mir das nicht, und besser wurde das etwas seltsame Bild von diesen Kindern auch nicht, als man mir sagte, dass sie immer (!) so seien. Ob das mit dem zusammenhängt, was man mir über Lauro erzählte: dass er Gloria früher immer wieder ziemlich vermöbelt habe, weiß ich nicht. Und ich werde es auch nicht erfahren, nehme ich an.

Abgesehen von meiner neuen Gastfamilie und dem unerhört schlechten Wetter ist in Pucará alles wie immer. Ich halte mich mit kleinen Arbeiten und ausgiebigem online-Zeitunglesen über Wasser. Außerdem werde ich möglicherweise bald in der Fußballmannschaft Pucarás spielen, wenn man mich denn lässt: Ich habe Noppen- und keine Stollenschuhe, was angeblich dazu führen wird, dass man mir keine Spielerlaubnis erteilt. Auch müsse ich die ecuadorianische Staatsangehörigkeit besitzen, wie behauptet wird. Wir werden sehen!

Am Montag kommt Karen nach Pucará und wird eine Woche hier bleiben. Karen kenne ich bisher nur aus eMails: Sie möchte Pucará und dessen Einwohnerinnen und Einwohner kennenlernen und wird Spanischunterricht in der Spanischschule nehmen. Meine Aufgabe wird es sein, sie vormittags mit Arbeit zu versorgen, was mich schon jetzt vor Rätsel stellt. Aber auch da wird sich eine – hoffentlich vernünftige! – Lösung finden.

Heiligabend werde ich aller Voraussicht nach mit ein paar Freiwilligen hier in Pucará verbringen. Ich werde also fast den gesamten Monat hier sein und nicht, wie im November, wöchentlich abhauen. Das tut mir bisher sehr gut: Es macht Freude, täglich die Ruhe hier zu genießen und mit den Menschen hier über Gott und die Welt zu sprechen! Und jedes Wochenende wird der neue Bundesligastartrekord ausgebaut: Da muss die Laune ja bestens sein!

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