miércoles, 8 de diciembre de 2010

Música

AM LETZTEN WOCHENENDE fuhr ich nach Quito, um dort zumindest einen Teil der diesjährigen fiestas de Quito mitzuerleben. Genauer gesagt hatte ich es auf das Konzert der Calle 13 abgesehen, die aus Puerto Rico eingeflogen werden sollten, um im Süden der ecuadorianischen Hauptstadt zu spielen. Abgesehen davon, dass mir die Musik von Calle 13 ohnehin gut gefällt, hielt ich den Besuch des Konzerts für nötig, da ich unter der Musik, die ich hier allerorten auf die Ohren bekomme, inzwischen ziemlich zu leiden habe. Die immergleichen San Juanitos fand ich während meiner ersten Tage im Land zwar noch ganz nett, bin ihrer aber doch sehr rasch überdrüssig geworden. Auch die stets sehr schnulzigen Bachatas konnte ich eingangs noch ganz gut anhören, weil sie mich immer wieder an Nicaragua denken ließen, wo sich Bachatas ebenso großer Beliebtheit erfreuten. Doch mit der Zeit habe ich einfach nicht mehr nachvollziehen können, weshalb es hier nicht, ähnlich wie in Europa, unterschiedliche Geschmäcker gibt, sondern einen einzigen Einheitsbrei! (Selbstverständlich gibt es Ausnahmen, also Menschen, die den ecuadorianischen Mainstream nicht mehr ertragen und sich anderen Musikgenres widmen – aber die stellen eine verschwindend kleine Minderheit dar!) Besonders krass fiel mir das in Quito auf: Dort trafen sich im Rahmen der fiestas sehr viele Jugendliche auf der Straße, um gemeinsam zu tanzen und zu trinken. Wer ein Auto hatte, brachte dieses mit, öffnete sämtliche Türen und stellte die Musik auf volle Lautstärke. Es reihte sich also eine Unzahl von Autos aneinander, jedes mit einem anderen Lied, sodass die Tanzenden ihre liebe Mühe hatten, nicht von der Musik aus den benachbarten Fahrzeugen aus dem Takt gebracht zu werden. Bemerkenswert und schrecklich zugleich fand ich, dass aus ausnahmslos allen Autos Lieder ein und desselben Genres dröhnten: Reggaeton! Die Texte sich dem Reggaeton zugehörig fühlenden Interpreten sind häufig frauenverachtend und propagieren einen Lebensstil, in dem Geld, Autos und Drogen eine wichtige Rolle spielen. Das ist zwar in diesem Video einer aufstrebenden HipHip-Crew aus Berlin nicht viel anders – dennoch sei an dieser Stelle ein wenig Werbung für die mir nicht ganz unbekannten jungen (Damen und) Herren gemacht!

Zurück zu Quito.
Beim Länderspiel zwischen Ecuador und Venezuela, das ich mit Julian vor wenigen Wochen besuchte, kam ich mit einem quiteño ins Gespräch, der mir anbot, bei ihm wohnen zu können, wann immer ich nach Quito komme. Dieses Angebot wollte ich nicht ablehnen, sodass ich mich, gemeinsam mit Marco und Polly, bei Luis, so der Name des jungen Mannes, einquartierte. Luis ist Besitzer eines kleinen Schwimmbades mit Sauna etwas südlich des Stadtzentrums. Sein Unternehmen ist im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Gebäudes untergebracht, der Rest des Hauses steht noch leer: Luis und dessen Eltern haben vor, dort ein Hotel einzurichten. Bis dieser Plan in die Tat umgesetzt wird, werden die oberen Stockwerke wohl weiterhin wahlweise Baustelle oder Gästezimmer sein.

Am Freitagabend fuhren wir zu viert Richtung Flughafen und liefen von dort an der plaza de toros, der Stierkampfarena, vorbei zu dem Reggaeton-Auto-Straßenfest. Um die Stierkampfarena herum war sehr viel los, wobei das Publikum etwas ungewöhnlich war: Menschen in Abendgarderobe, die gar nicht erst zu verstecken versuchten, dass es ihnen finanziell nicht allzu schlecht geht. Warum auch, bei Eintrittspreisen von sechzig und mehr Dollars? Das Straßenfest war interessant anzusehen: Überall die Autos mit der immergleichen Musik, tanzende und betrunkene Menschen überall, und so viele Fußgänger auf der Straße, dass für andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer kein Durchkommen mehr war. Spektakulär wirkten die Flugzeuge, die dicht über den Köpfen der Menge den Flughafen anflogen!

Am Samstag habe ich es endlich geschafft, Julika zu treffen. Die kenne ich seit ungefähr zwanzig Jahren und wir hatten uns vorgenommen, uns einmal zu treffen hier in Ecuador: Julika ist ebenfalls über »weltwärts« in Ecuador und arbeitet im Norden Quitos. Mehr zu ihrer Arbeit ist hier nachzulesen. Am Abend fuhren wir dann in den Süden, zum Konzert von Calle 13 in Quitumbe. Die Busse dorthin waren restlos überfüllt, es wurden Lieder von Calle 13 angestimmt, auf den Busfahrer angestoßen – die Stimmung war hervorragend! Allerdings hatten wir alle Angst, dass das Konzert schon so überfüllt sein würde, dass keinen weiteren Besucherinnen und Besuchern mehr Einlass gewährt werden würde. Doch diese Sorge war unbegründet: Wir fanden noch Platz auf dem Festivalgelände, wenngleich wir nicht sehr nah an die Bühne herankamen.

Das Konzert an sich war schön. Die Stimmung war jedoch eher trist: Die Pausen zwischen den Stücken wirkten wie Schweigeminuten, und beim Anblick der Menschen um mich herum hätte ich meinen können, dass jegliche Art von Bewegung verboten wäre. Doch was die Band auf der Bühne bot, entschädigte uns voll und ganz für die Fahrt nach Quito: Residente, der Sänger der Band mit dem bürgerlichen Namen René Pérez, sprach, wie das seine Art ist, viel über Politik, Unterdrückung, Medien, Propaganda – und sorgte für die eine oder andere lustige Einlage. Nach knapp zwei Stunden war das Konzert zu Ende und ich mit den Kräften am Ende, aber zufrieden.

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