domingo, 8 de mayo de 2011

Marsch, Marsch

NACH ELF STUNDEN kamen wir endlich in Otavalo an. Und ich hatte mein Vorhaben, von Íntag nach Otavalo zu laufen, endlich in die Tat umgesetzt. Zusammen mit Florian, einem deutschen Freiwilligen, der bei Otavalo arbeitet, bin ich am Samstagmorgen um halb drei in Pucará aufgebrochen. Mit meinen löchrigen Schuhen, einer Taschenlampe zum Ankurbeln, drei Flaschen Wasser und einigen Äpfeln traten wir die Wanderung an: Knapp sechzig Kilometer lagen vor uns. Wir starteten auf etwa zweitausend Metern über Normal Null, sollten bis auf dreitausendvierhunder Meter steigen, um dann schließlich auf rund zweieinhalbtausend Metern anzukommen. Ein ordentlicher Marsch lag vor uns, dessen waren wir uns bewusst.

Die ersten drei Stunden verliefen nicht nur angenehm, sie kamen uns auch sehr kurz vor: Keine Ermüdungserscheinungen, dazu angenehme Temperaturen und die Gewissheit, dass wir auch nach zwei Stunden stetiger Steigung noch keine Abstriche im Tempo machen mussten.

Wetter und Vegetation waren sehr abwechslungsreich. Wir liefen im Nebel los, sahen nach einer Weile den Sternenhimmel, bevor wir kurz vor Sonnenaufgang erneut in dichtesten Nebel eintauchten. Am Wegesrand waren eingangs Maisfelder zu sehen, später nahm dichter Regenwald deren Stelle ein; riesige Blätter wuchsen rechts und links des Weges, Lianen hingen von moosbewachsenen Bäumen. In höheren Lagen waren nur noch ein paar Sträucher und hohes Gras zu sehen, außerdem konnte sich die Sonne immer mehr gegen die Wolken durchsetzen. Und schließlich, nach fünfeinhalb Stunden, erblickten wir erstmals Otavalo. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir knapp vierzig Kilometer zurückgelegt und legten die erste Pause ein. Bei stürmischem Wind - das Weideland unterhalb des Passes, den wir soeben passiert hatten, bot kaum Windschutz - erholten wir uns einen Augenblick. Diese Pause sollte sich rächen: Es fiel mir sehr schwer, wieder in Tritt zu kommen. Die Beine taten jetzt weh, nachdem sie abgekühlt waren, und es sollte einige Minuten dauern, bis ich wieder rund lief. Zwei Stunden später, nach etwa fünfzig Kilometern, legten wir dennoch eine weitere Pause ein: Irgendwie mussten wir Zucker aufnehmen und kurz verschnaufen. Immerhin waren wir schon nahe am Zementwerk der Firma La Farge, das bereits an der Teerstraße nach Otavalo liegt - viel sollte also nicht mehr fehlen.

Doch die zweite Pause hatte mich völlig erledigt. (Während Florian nur bis zur ersten Pause, die ich nicht gebraucht hätte, gelitten hatte, und sich seit dem besser fühlte.) Die Blase zwischen meinen Zehen war nicht weiter schlimm, aber meine Leiste meldete sich bei jedem Schritt, und meine Fußsohlen brannten. Die Teerstraße kam und kam nicht näher, und besonders viel Spaß machte die Wanderung inzwischen nicht mehr. Immerhin: Wir lagen sehr gut in der Zeit.

Die letzten fünf oder sechs Kilometer ging es dann über die Teerstraße. Die Stadt war lange zu sehen, doch stets fehlten noch Kilometer oder einige hundert Meter. Aber wir kämpften: So kurz vor dem Ziel konnten wir nicht aufgeben! Und schließlich, um kurz nach zwei, kamen wir im Ort an. Wir gönnten uns ein Eis im Eiscafé und humpelten zur Wohnung von Cielo Azul, Flos Partnerorganisation.

Nachdem ich mich eine Weile ausgeruht hatte, konnte ich mich dann gar nicht mehr bewegen; mein linkes Bein war nicht mehr zu gebrauchen. Die folgende Nacht sollte allderdings Wunder wirken; in meinem rechten Bein spüre ich die Folgen der Wanderung gar nicht, das linke ist schon viel besser als gestern.

Den Imbabura werde ich vermutlich nicht besteigen: Das war ursprünglich vor morgen angedacht, aber das werde ich mir nicht antun. Ob ich den Berg nächste Woche besteige, ist noch unklar - vor allem möchte ich ans Meer fahren und meine Zeit in Ecuador ganz in Ruhe ausklingen lassen...

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