sábado, 26 de marzo de 2011

Na dann, Prost!

EINEN WICHTIGEN TEIL der ecuadorianischen Kultur stellt, nach all dem, was ich bisher beobachten konnte, das Trinken dar. Gemeint ist damit natürlich der Konsum von Alkohol. Dabei kann jedoch weder von Alkoholgenuss noch von Trinkkultur gesprochen werden, wie ich finde: Das berühmt-berüchtigte »Komasaufen«, das in Deutschland angeblich erst vor wenigen Jahren Einzug erhalten hat, ist im Gegensatz zu dem, was hier ab und zu geschieht, ziemlich harmlos.

Während es in Deutschland nicht unnormal ist, sich zum Abendessen einen Wein zu gönnen oder im Sommer mit Freunden ein »warmes Bier im Park« zu trinken, spielt der Alkohol im Alltag hier keine bedeutende Rolle. Wein wird generell kaum konsumiert, da er hier vergleichsweise teuer ist: Der ecuadorianische Wein dürfte in Deutschland nicht als solcher bezeichnet werden – der schmeckt eher wie Pfirsichsirup mit Schnaps –, und importierter Wein kostet ist nur selten zu erschwinglichen Preisen zu finden. (Unser Lieblingswein, »Clos«, ist natürlich der günstigste: Ein Liter durchaus trinkbaren chilenischen Weins im Tetrapak für fünf Dollar.) Die beiden ecuadorianischen Biersorten – Pilsener und Club – sind annehmbar, doch kostet die große Flasche mit sechshundert Millilitern Fassungsvermögen in der Regel einen Dollar: Da wird der Rausch des armen Mannes zum Luxus! Am populärsten sind daher die puntas: Selbstgebrannter Zuckerrohrschnaps. Dessen Stärke kann man nie abschätzen, Angaben variieren zwischen zwanzig und achtzig Volumenprozent Alkohol.

Wenn jemand mit einer PET-Flasche klaren Inhalts aufkreuzt, ist zumeist klar: puntas! Und dann geht es los... Getrunken wird nicht alleine, solange die Alkoholsucht noch nicht zu weit fortgeschritten ist. Der Zuckerrohrschnaps wird häufig aus dem Plastikdeckel der Flasche, also in kleinsten Portionen, konsumiert – so dauert das Vergnügen länger. Die andere Möglich stellt ein Plastikbecher dar: Der wird dann herumgereicht, jeder darf einmal. Auch Bier wird auf diese Weise getrunken: Dass jede anwesende, also mittrinkende Person ihr eigenes Bier, also ihre eigene Flasche oder zumindest ihr eigenes Glas, hat, ist hier undenkbar: Es gibt einen gemeinsamen Vorrat und einen Plastikbecher. Der wird schwungvoll gefüllt, ist also voller Schaum. Eine beliebige Person bekommt den Becher gereicht und leert ihn nach Möglichkeit mit einem Schluck; der Schaum, der im Becher zurückbleibt, wird mit einer schnellen Bewegung weggeschüttet und der Becher neu gefüllt, bevor er an eine andere Person weitergereicht wird. Diese Art des Trinkens führt dazu, dass man erstens recht schnell trinkt und zweitens gar keine Ahnung haben kann, wie viel man den schon intus hat.

Das Spektakel endet normalerweise, wenn es nichts mehr zu trinken gibt. Wird nur Bier getrunken, kann das bedeuten, dass das Gelage noch vor dem Vollrausch aufhört. Im Zweifelsfall wird dann Nachschub geholt – trinken ohne Suff, das wird hier nur wenig akzeptiert. Bei Schnaps sieht es in der Regel anders aus: Der wirkt rasch.

Trinken tun alle. Frauen konsumieren durchaus auch Alkohol. Doch ist es unüblich, eine Frau in der Öffentlich beim Trinken zu sehen – das geschieht dann eher auf Festen. Männer hingegen setzen sich gerne an die Straße, wo man sich ohne Probleme zu ihnen gesellen kann. Dort kann man sie dann über einen längeren Zeitraum hinweg beobachten und dabei sehen, wie die allgemeine Verfassung schlechter und schlechter wird. Ständig kommt es zu Streitigkeiten, die vorzugsweise mit der Androhung von Schlägen mit herumliegenden Steinen gelöst werden. Die Straße wird zur öffentlichen Bedürfnisanstalt. Und Schnapsleichen gehören dann sowieso zum Straßenbild – auch noch am Folgetag.

Das Trinken gehört hier wohl auch deshalb nicht zum Alltag, da sich dieser mit den Auswirkungen des Alkoholkonsum nicht in Einklang bringen lässt. Nicht selten sind die fleißigen Trinken noch am zweiten Tag nach dem Gelage »krank«, chuchaqui, gnadenlos verkatert. Man versucht daher, das Trinken nur zu bestimmten Anlässen derart ausufern zu lassen. Hochzeiten, Taufen und die Feste zu Ehren der Schutzheiligen der Städte sind solche Termine. Aber auch Silvester und Fasching. Und manche müssen sich sicherlich auch andere Begründungen einfallen lassen – die Feiertage reichen nicht immer aus...

Für mich als Westeuropäer ist es manchmal sehr unangenehm, zu sehen, wie manche Männer öffentlich ihre Würde wegtrinken – Alkoholismus ist zwar auch in Deutschland ein Problem, aber in der Regel wird es nicht öffentlich gemacht. Und auch wenn es in Berlin normal zu sein scheint, mittags mit einem Bier in der U-Bahn zu sitzen, ist der Vollrausch in der Öffentlichkeit von der Gesellschaft ausgeschlossenen Gruppen vorbehalten.

Hier ist das umgekehrt: Die Beweislast liegt bei der Person, die nicht trinkt. Wer nicht mitbechert, muss ein gutes Argument haben: Krankheit oder Religion funktionieren. Aber ein komischer Vogel ist man immernoch...

2 comentarios:

  1. Ich glaube, ich habe dir den Artikel schon einmal geschickt: http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~EDC52F0C1E3064C05B113D991EFAF1571~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    Was noch? Das war's. Ab morgen wieder Dresden!
    Grüße
    Hannes

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