miércoles, 10 de noviembre de 2010

Im Zweifel für den Zweifel

ZWEIFEL SIND WICHTIG. Und ich bin überzeugt davon, dass die Menschen, die es tatsächlich schaffen, ein Leben zu führen, ohne sich zumindest manchmal zu hinterfragen und dabei gelegentlich in Sinnkrisen zu landen, irgendetwas verkehrt machen – so angenehm ein Leben ohne Zweifel auch sein mag! Andererseits: Zu viele Zweifel sind vermutlich ebensowenig von Vorteil.

Momentan bin ich wieder sehr am Hadern mit dem, was hier so passiert. Die Situation ist irgendwie verzwickt, und ich kann nicht absehen, wie es weitergehen wird.
Nach wie vor bin ich für die Círculos de lectores – teatreros in Pucará zuständig, dieses Angebot für Kinder, das wir dienstags und donnerstags mit dem Ziel veranstalten, den Kindern das Lesen und Schreiben, das Kreativsein und Präsentieren näherzubringen. Erfolge lassen auf sich warten, was jedoch nicht weiter überraschend ist, wenn man sich ansieht, wie das bisherige Bildungsprogramm aussieht: In der Schule wird vor allem Wert auf Drill gelegt, auf Auswendiglernen und -nachplappern. Kreativität scheint eher bekämpft denn gefordert und gefördert zu werden. Dementsprechend fangen wir bei null an, und die Freiheit, die wir dem Drill vorziehen, wird noch gerne ausgenutzt.

Abgesehen von dieser Tätigkeit, die lediglich an zwei Nachmittagen pro Woche stattfindet, bringe ich mich nach Möglichkeit im Periódico ÍNTAG ein. In der am Sonntag erscheinenden Ausgabe wird erstmals ein Artikel von mir zu lesen sein, und in den kommenden Tagen und Wochen werde ich aller Voraussicht nach wieder Artikel ins Deutsche übersetzen, damit die werte Leserschaft in Deutschland neues aus Íntag nachlesen kann, ohne dabei Spanischkenntnisse bemühen zu müssen. Doch auch die Arbeit mit der Zeitung lastet mich nicht sonderlich aus.

Natürlich könnte ich sagen, dass die aktuelle Situation genial ist: Sie lässt mir genügend Zeit, um die Natur hier in Ruhe beobachten und genießen zu können, um mich mit den Menschen entspannt und angeregt unterhalten zu können, um Ausflüge zu unternehmen und so mehr vom Land kennenzulernen! Und ich versuche auch immer wieder, die Dinge so zu sehen – das Positive zu schätzen und die Zweifel beiseite zu räumen. Allein, es glückt mir nicht wirklich! Ich weiß, dass ich nur auf anderer Leute Kosten hier sein kann und habe den Anspruch, diese Unterstützung irgendwie zurückzuzahlen. Mit einem sinnvollen Projekt!

Es gibt zwei Ideen für meine Arbeit in Pucará, die in meinen Augen Sinn machen.
Die erste ist eine kleine Bücherei. In der alten casa comunal, die seit Jahren leersteht, wäre genügend Platz vorhanden, um eine kleine Bibliothek einzurichten. Dazu müsste dieses Gebäude renoviert und entsprechend eingerichtet werden. Für mich schon allein deshalb interessant, weil ich die Renovierungsarbeiten planen und koordinieren sowie das zukünftige Erscheinungsbild der Bücherei entwerfen könnte – eine tolle Übung für mich als Architekturstudent! Für die Círculos de lectores – teatreros ein geeignetes Umfeld, für die Kinder und Jugendlichen Pucarás eine gute Erweiterung des dürftigen Bildungsangebotes und mittel- bis langfristig Arbeitsplatz für vielleicht zwei pucareños. Die Sache hat jedoch zwei Haken: Der erste ist das Geld. Alleine die Renovierung wird uns rund dreitausend Dollar kosten, hinzu kommen Gelder für Möbel und Bücher, später auch für Arbeitsplätze mit Computer. Durch Plattformen wie betterplanet.com dürfte ein großer Teil dieser Kosten finanziert werden können, und ich hoffe auf Weihnachts-Routine-Spenden aus Deutschland, wenn erst einmal die Werbetrommel gerührt wird. Doch hier ist der zweite Haken: Wir haben noch keine Planungssicherheit. Das Gebäude befindet sich auf dem Schulgelände und gehört somit dem Bildungsministerium. Von dem wollen wir eine Garantie, dass wir das Gebäude nutzen dürfen – um sichergehen zu können, dass wir die Kosten für die Renovierung zahlen und davon auch selbst profitieren können. Sprich: Damit am Ende nicht die Schulleiterin kommt und »ihre« Bibliothek zurückfordert, ohne dafür auch nur einen Finger gekrümmt zu haben. Bevor diese Sicherheit nicht da ist, werde ich nicht um Spenden buhlen. Und solange keine Spenden da sind, können wir mit dem Projekt nicht starten. Leider ist es schwieriger als erwartet, eine Zusage vom Bildungsministerium zu bekommen: Ich selbst kann mich darum nicht kümmern; als Ausländer ohne festen Wohnsitz und ohne Verbindungen zum Ministerium habe ich gar keinen Einfluss, keine Ansprechpartner in der Verwaltung. Carolina, Chefin der Zeitung und große Befürworterin des Projekts, will sich seit Wochen um diesen einen Anruf kümmern. Aber entweder erreicht sie niemanden, weil offenbar nur sehr sporadisch gearbeitet wird im Ministerium, oder sie vergisst ihr Vorhaben. Somit bin ich von Carolina, der Anwesenheit der Behörden und schließlich von deren Unterstützung abhängig.

Die zweite Idee für ein Projekt hier kommt von Peter. Sein Wunsch ist es, die Menschen in Pucará zur Mülltrennung und zum Recycling zu erziehen. Dieses Projekt wurde bereits einmal gestartet – und sofort vergessen, als der damalige Freiwillige Pucará verließ! Peter hat diesen Wunsch jedoch nicht vergessen und würde sich freuen, wenn ich ihn endlich in die Tat umsetzen könnte. Die Idee an sich sagt mir zu: Nicht nur, damit die Einwohnerinnen und Einwohner Pucarás endlich begreifen, dass Plastikflaschen und -tüten schädlich für sie und ihre Umwelt sind, sondern auch, weil sich alleine mit Mülltrennung Geld verdienen lässt, das hier durchaus nötig ist: Es gibt Unternehmen, die Plastikmüll aufkaufen und pro Pfund bezahlen! So könnten wir einen Fonds einrichten, aus dem beispielsweise Medikamente bezahlt werden könnten, die hier bitter notwendig sind: Diabetes, Prostataleiden und Osteoporose sind hier so etwas wie Volkskrankheiten, und gute Medikamente sind Mangelware. Das Problem mit diesem Projekt ist ganz simpel: Peter ist zu selten in Pucará! Ich möchte nicht anfangen, mich in die Thematik einzuarbeiten, die Planung übernehmen und am Ende mit der Gewissheit, dass das Projekt scheitern wird, abreisen. Vielmehr bin ich der Auffassung, dass ich Peter, der ja noch lange zumindest sporadisch hier lebt, nur unterstützen kann. Derzeit würde das aber umgekehrt sein; Peter kann nicht mehr als unterstützend wirken.

Ich kann momentan noch nicht sagen, ob eins der beiden möglichen und möglicherweise sinnvollen Projekte realisiert werden kann. Dementsprechend skeptisch blicke ich den nächsten Wochen und Monaten entgegen. Was, wenn ich weiterhin nur das mache, was ich derzeit tue? Hinzu kommt, dass die kleine Hilfe, die wir hier bieten wollen, oft nicht geschätzt und damit sinnlos wird, wie man am Beispiel der Spanischschule sehen kann: Im Andenbärprojekt sind inzwischen neue Freiwillige, die allesamt kein spanisch sprechen und Interesse an ein paar Spanischstunden haben. Ich habe mich mit ihnen und zwei der vier Lehrerinnen in Verbindung gesetzt und Termine vereinbart: Am Montagabend hätte die erste Stunde stattfinden sollen. Von den beiden Lehrerinnen erschien keine.

Es herrscht also eine Diskrepanz zwischen Reden und Handeln derer, die von der Spanischschule profitieren sollten: Während es keine möglichen Schülerinnen und Schüler gab, wurde ich immer wieder gefragt, wie wir an Arbeit für die Spanischlehrerinnen kommen könnten, um diesen zu Praxis und natürlich Geld zu verhelfen. Und bietet sich endlich die Möglichkeit, Spanischunterricht zu geben, scheitert wieder alles an der Zuverlässigkeit der Lehrerinnen. Dadurch wird meine Lust, den Lehrerinnen hinterherzurennen, Workshops zu organisieren und für Schülerinnen und Schüler zu werben, auch nicht gerade größer...

Zu guter Letzt endet das alles in einem tückischen Teufelskreis: Der Unmut über die Situation vor Ort führt dazu, dass ich nach Möglichkeit nicht in Pucará bin und, wie kürzlich, verreise. Meine Abwesenheit führt dazu, dass gar nichts mehr passiert, was mich bei meiner Rückkehr nach Pucará frustriert und dazu veranlasst, am besten gleich wieder zu verreisen. So ist das zumindest momentan: Nach der Woche an der Küste war ich eine Woche hier, um am vergangenen Wochenende nach Cayambe zu fahren und von dort aus die Thermalbäder von Papallacta zu besuchen. Nun werde ich nur bis Freitag in Pucará sein, weil ich das Wochenende in Quito verbringen werde, wo ich am Sonntag meine große Liebe treffen werde. Julian, mit dem ich in Nicaragua gearbeitet habe und der in Berlin quasi mein Nachbar ist, kommt für zwei Wochen nach Ecuador und wird mich während seiner Anwesenheit von Arbeit und -slosigkeit ablenken. Solange Julian hier ist und Ecuador kennenlernt – von der Reise, die bisher noch nicht geplant ist, werde ich im bald berichten! –, sei allen Leserinnen und Lesern dieser kulturelle Leckerbissen ans Herzen gelegt.

Trotz meines Plädoyers an Anfang dieses Eintrags – im Zweifel für den Zweifel – hoffe ich, dass ihr aufgrund des letzten Absatzes nicht zu sehr an meiner Integrität zweifelt: Irgendwie muss icg mich ja angesichts der ganzen Situation und der Ver-Zweiflung über Wasser und am Lachen halten...

1 comentario:

  1. Oye tio,

    hasta ahoro leo este parte del blog. "Mi amor grande" y despues el link del video. Joder, tio! Buenissimo!
    Voy ahora con los chicos a la cancha para jugar futbol...
    Hasta loco senor perezoso
    senor x

    ResponderEliminar